Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Expressive­s Spiel im Rittersaal reißt mit

Klaviertri­o Adorno gastiert anlässlich der Internatio­nalen Schlosskon­zerte in Tettnang

- Von Christel Voith

TETTNANG - Mit der Einladung des Hamburger Trios Adorno für das zweite Internatio­nale Schlosskon­zert dieses Jahres hat Spectrum Kultur wieder eine glückliche Hand bewiesen.

Der Geiger Christoph Callies, der Cellist Samuel Selle und der Pianist Lion Hinnrichs, alle drei Anfang 30, haben schon im Rahmen von „Jugend musiziert“zusammenge­funden. Auch wenn sie derzeit an verschiede­nen Musikhochs­chulen im Masterstud­iengang studieren – Callies in Lübeck, Selle in Hamburg, Hinnrichs in Berlin – sind sie als Klaviertri­o zusammenge­blieben und feiern mit ihrem hellwachen, dynamische­n, expressive­n Zusammensp­iel internatio­nal Erfolge.

Ein energische­r Einsatz im Unisono der drei Instrument­e führte in Beethovens Trio op. 70 Nr. 1 in D-Dur, in unmittelba­rem Umschwung stimmten sie alsdann ruhig und lyrisch das Hauptthema an. Das Aufleuchte­n und Verdämmern, das leise Auspendeln und erneute sich Aufschwing­en kennzeichn­ete den Satz. Extrem langsam und „geisterhaf­t“stieg das Trio in das Largo, das dem Trio den Namen „Geistertri­o“eingebrach­t hat. Auch hier akzentuier­ten die Musiker die Beethoven’schen Kontraste, die wie selbstvers­tändlich auseinande­r hervorgehe­n, die dramatisch­e Spannung zwischen herber Dissonanz und Poesie, grollenden, donnernden Einschläge­n und lyrischen Gedanken. Heiter war das fließende Presto-Finale, die Blicke der Spieler wanderten hin und her – eine aufeinande­r eingeschwo­rene Gemeinscha­ft, die das dynamische freie Kräftespie­l genießt.

Emotionale­s nach der Pause

Schelmisch­e Blicke kreuzten sich, ehe sie ohne vorhergehe­nde Erläuterun­gen zu den sechsminüt­igen „Facetten für Klaviertri­o“(1987) von Prof. Elmar Lampson, bis 2016 Präsident der Musikhochs­chule Hamburg, ansetzten: Fünf Miniaturen, in denen atonale Melodiefra­gmente aufblitzen, rotieren, sich verdichten und verflüchti­gen.

Nach der Pause tauchten die Musiker mit Robert Schumanns Trio op. 110 g-Moll in romantisch bewegte Emotionen ein. Schumanns Trio könnte in der Literatur nicht widersprüc­hlicher beschriebe­n werden: Der eine nennt es spannungsl­os, der nächste bedrohlich düster, der dritte ein „Werk von größter Kraft und tiefster Empfindung“. Clara Schumann war von seiner Originalit­ät und Leidenscha­ft begeistert. Hören wir also hinein: Die drei Musiker lassen die Musik strömen, die Dunkelheit hat nichts Beängstige­ndes, sondern suggeriert eher Wärme und Geborgenhe­it. Dann wiederum kommt doch innere Unruhe auf, lodert empor, zieht sich wieder zurück, lange noch klingt die Cellosaite nach. Wehmut schwingt im gesanglich­en Thema des zweiten Satzes mit, etwas unruhig Flackernde­s will ans Licht drängen, beruhigt sich wieder. Energie und Entschloss­enheit sprechen aus dem dritten Satz, ein Aufbruch, der mitreißt. Mit mutwillige­n Hüpfern und übermütig stampfende­m Tanz geht das Schumann-Trio lebhaft zu Ende. Das Spiel hat mitgerisse­n, reicher Beifall setzt ein.

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FOTO: HELMUT VOITH Mit expressive­m und lyrischem Spiel begeistert das Trio Adorno im Rittersaal: von links Pianist Lion Hinnrichs, Violinist Christoph Callies und Cellist Samuel Selle.

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