Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Fehlende Wohnungen: Grüne wollen Gesamtkonzept entwickeln
Nachdem die Langenargener gegen eine Bebauung am Mooser Weg gestimmt haben, lotet Fraktionschef Ulrich Ziebart neue Möglichkeiten aus
LANGENARGEN (poi) - Tief Luft holen bei den einen, aufatmen bei den anderen: 53,95 Prozent haben wie berichtet beim Bürgerentscheid am Sonntag gegen die Baupläne am Mooser Weg gestimmt. In einer ersten Reaktion forderte Bürgermeister Achim Krafft die Gegner der Bebauung auf, jetzt auch die viel beschworenen, alternativen Baugebiete zu benennen. Einer von ihnen will genau daran arbeiten: Grünen-Fraktionschef Ulrich Ziebart schlägt vor, im Gemeinderat ein Gesamtkonzept für die Entwicklung von Wohnraum zu entwerfen.
Und nicht nur das: Laut Pressemitteilung der Gemeinderatsfraktion der Grünen soll geprüft werden, ob Gräbenen VI nicht doch im Parallelverfahren zum Flächennutzungsplan entwickelt werden kann, um im positiven Fall sofort mit der Planung des neuen Baugebietes zu beginnen. Außerdem gelte es, zu klären, wie die rechtlichen Grundlagen für die Vergabe von Bauflächen und Wohnungen unter anderem an Langenargener Familien und Sozialfälle aussehen und ob es angebracht sei, einen Beirat für die städtebauliche Gestaltung der Gemeinde einzurichten.
Hintergrund: Eine Bürgerinitiative (BI) brachte den Bürgerentscheid auf den Weg, um die Baupläne zu verhindern, die der Gemeinderat mit den Stimmen von Freien Wählern und CDU im Juli 2017 beschlossen hatte. Grüne und SPD lehnten eine Bebauung des 5600 Quadratmeter großen Grünstreifens ab. Die Baubefürworter argumentierten, dass Gräbenen VI erst mit einem Bebauungsplan belegt werden könne, wenn der neue Flächennutzungsplan rechtskräftig sei, auf dessen Fortschreibung die Gemeinde seit 2007 warte. Das Parallelverfahren sei nur in Ausnahmefällen anzuwenden. Der BI zufolge ist dieses Verfahren aber genau dazu gemacht, um nicht abwarten zu müssen und einen Bebauungsplan parallel entwickeln zu können.
Weiteres Streitthema: das Einheimischenmodell. CDU und Freie Wähler warben damit, die geplanten Grundstücke für die sechs Reihenhäuser und die zwölf Mietwohnungen in den zwei Mehrfamilienhäusern, die im Besitz der Gemeinde bleiben sollten, nur an Langenargener zu vergeben. Die Gegner der Bebauung konterten, dieser Plan widerspreche den EU-Richtlinien, die das sogenannte Einheimischenmodell als diskriminierend beanstandet habe. Die Antwort der Gemeindeverwaltung: Das Thema sei „alt, bekannt und längst erledigt“. In Zukunft werde bei der Vergabe ein noch größerer Wert auf Ortsbezogenheit, soziale Kriterien und ehrenamtliche Mitwirkung in der örtlichen Gemeinschaft gelegt werden müssen.
Beim Bürgerentscheid stimmten 3032 von 6549 wahlberechtigten Langenargenern ab, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 46,9 Prozent. 1634 (53,95 Prozent) sprachen sich gegen die Baupläne aus, 1395 (46 Prozent) dafür. Drei Stimmen waren ungültig. Das „enorme Ergebnis für die Bürgerinitiative“zeige auch, wie sehr das Schaffen von Wohnraum den Langenargenern auf den Nägeln brenne, betonte Ulrich Ziebart.