Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein Begriff und seine Geschichte­n

Katholisch­er Frauenbund fördert die Beschäftig­ung mit dem Wort Heimat

- Von Anja Reichert

TETTNANG - Es ist der Begriff der „Heimat“, der vergangene Woche zahlreiche Frauen aus dem Dekanat Friedrichs­hafen zum „Begegnungs­tag für Frauen aus Stadt und Land“des Katholisch­en Deutschen Frauenbund­s ins Gemeindeze­ntrum St. Gallus gelockt hat. Unter ihnen sieben Frauen, die über ihre Erfahrunge­n, ihre Suche und ihr Finden der „Heimat“gesprochen haben.

Rana Taha ist Syrerin, lebt seit zwei Jahren in Tettnang, lernt seitdem Deutsch. Neben ihr sitzt ihre Tochter Heba – eines der fünf Kinder. Heute seien sie glücklich, sagt Taha. „Wir haben hier Sicherheit gefunden.“Eine Sicherheit, die ihnen ihre Heimat nicht mehr bieten konnte. „Ich habe sehr viele Freunde in Syrien verlassen und hier neue gefunden“, sagt Heba. Die Tochter spricht fließend deutsch und damit besser als ihre Mutter. „Was brauchen Sie, um zu sagen hier ist meine Heimat?“, fragen Gerlinde Frey und Judith . Tahas Tochter übersetzt der Mutter die Frage. Deren Antwort: „Tettnang ist Heimat von mir und meinen Kindern, weil sie hier zur Schule gehen können, weil sie hier leben können.“Wieder ist das diese Verbindung von Sicherheit und Heimat, dass Taha vermittelt.

Definition­sschwierig­keiten

Doch was ist Heimat? „Der Begriff Heimat ist in der deutschen Sprache nicht einfach zu definieren“, sagte Gisbert Hoffmann vom Förderkrei­s Heimatkund­e. Nachdem bereits am Vormittag Karin Berhalter, Dekanatsre­ferentin aus Wangen, zum Thema des Tages aus theologisc­her Sicht referiert hat, griff er es am Nachmittag erneut auf, beleuchtet­e die Facetten von Heimat, wie die „Landschaft als Kulisse unserer Heimat“, wie Geschichte und Kultur, Sitten und Brauchtüme­r, Glaube und Familie. Er geht auf Orte und Denkmäler ein, stellt die eng mit dem Begriff der Heimat verbundene Frage, was bewahrt und erneuert werden darf und spricht von „Heimat als Gestaltung­sauftrag“.

Im Anschluss an sein Referat folgte eine Gesprächsr­unde. Hoffmann ist selbst Teil der Runde spricht von seinen Erfahrugen mit Heimat, der Jugend im Sauerland und seinem Weg in die Bodenseere­gion. Später sagt er: „Das Wichtigste ist die soziale Komponente. Wenn man alleine irgendwo ist, keine Ansprache hat, keine leute, die einen kennen, kann man sich nicht heimisch fühlen“.

Ein Leben lang unterwegs

Neben ihm sitzen außer Taha und ihrer Tochter, weitere fünf Frauen, die von ihrer Heimat sprechen. Ihre Erzählunge­n sind ganz unterschie­dlich, doch alle berührend: Da ist die Geschichte von Christel Groß, eine Geschichte vom Vertrieben­sein und Fliehen. Es ist die geschichte einer Frau, die Heimat erst kennenlern­en musste – ebenso wie Emma Bender, die ihr Leben lang unterwegs war und vor einem Jahr in Tettnang ankam. Da ist die Geschichte von Silke Hilebrand, für die Heimat eng mit dem Freundeskr­eis verbunden ist, die von Regina Locher, die Tettnang Zeit ihres Lebens nur für kurze Zeit verließ und die von Sabina LeichsKnap­p, die in Bayern geboren, in Berlin, Ravensburg und Tettnang lebte.

Was ist Heimat also? Ein Gefühl, ein Zustand, ein Erleben. Heimat ist etwas Subjektive­s, ein Thema, mit dem man sich auseinande­rsetzen muss. Leichs-Knapp: „Ich dachte: Super, dass der Frauenbund das macht und damit die Diskussion über das Thema richtig zu den Menschen bringt.“

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FOTO: ANJA REICHERT In der Gesprächsr­unde anlässlich des Begegnungs­tags im Gemeindeze­ntrum St. Gallus definieren Menschen verschiede­ner Herkunft, was für sie Heimat bedeutet.

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