Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Nie mehr nur Energie
Die EnBW schafft 2017 die Ertragswende und will an ihrer Strategie festhalten
STUTTGART - Die spektakuläre Neuordnung der deutschen Energiebranche ist EnBW-Chef Frank Mastiaux in die Parade gefahren. Dabei hatte der Manager des drittgrößten deutschen Energieversorgers am Dienstag mit einer Reihe positiver Nachrichten aufzuwarten. Doch die erste Frage auf der Bilanzpressekonferenz am EnBW-Standort in Stuttgart drehte sich – nicht überraschend – um die vor einigen Tagen angekündigten Pläne der Wettbewerber RWE und Eon zur Neuaufteilung ihrer Geschäfte. Demnach will sich Eon künftig vor allem auf den Betrieb von Energienetzen und RWE auf die Erzeugung erneuerbarer Energie konzentrieren. Die erst vor zwei Jahren abgespaltene RWE-Ökostromtochter Innogy soll dafür zerschlagen werden und zu großen Teilen an Eon gehen.
Frank Mastiaux kommentierte den Coup der Konkurrenz aus Nordrhein-Westfalen zurückhaltend. Doch zwischen den Zeilen ließ sich durchaus Genugtuung über die von ihm verfolgte Strategie zur Meisterung der Energiewende heraushören. Im Gegensatz zu Eon und RWE, die ihr Heil in der Aufspaltung suchten, hat der Konzern aus Karlsruhe seine Geschäfte zusammengehalten. Konventionelle und grüne Energieerzeugung, Netze und Vertrieb: All das ist nach wie vor bei der EnBW zu finden – wenn auch mit einer komplett anderen Gewichtung als noch vor fünf Jahren. „Ob es in der Energiewelt von heute möglich ist, mit einem anderen strategischen Ansatz erfolgreich zu sein – dieser Beweis muss erst noch erbracht werden“, sagte Mastiaux mit Blick auf die Pläne des Wettbewerbs. „In der Zwischenzeit werden wir weiter Geschäfte machen.“
Während Eon und RWE in diesem hochkomplexen Deal auf absehbare Zeit also vor allem mit sich selbst beschäftigt sind, kann Mastiaux weiter am Umbau des Unternehmens arbeiten. Diesen Umbau macht der Konzern vor allem an einer Zahl fest: am Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 2,4 Milliarden Euro. Dieses Niveau hatte die EnBW 2012 erzielt, und dieses Niveau soll 2020 wieder erreicht werden. Dazwischen liegt das Trauma von Fukushima und der Ausstieg Deutschlands aus der Kernkraft – eine energiepolitische Kehrtwende, durch die ein komplettes Geschäftsfeld kompensiert werden muss, und die mit dafür sorgte, dass 2016 nur noch ein Ebitda von 1,9 Milliarden Euro erwirtschaftet wurde.
Inzwischen hat der Konzern die Ertragswende geschafft. Nicht ohne Stolz verkündeten Frank Mastiaux und Finanzchef Thomas Kusterer für 2017 einen Anstieg des Betriebsgewinns um neun Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Das lag deutlich über dem vor Jahresfrist prognostizierten Plus von null bis fünf Prozent. Der Umsatz stieg sogar um 13,5 Prozent auf 22 Milliarden Euro. „Wir hatten uns die Ergebniswende für 2017 vorgenommen und jetzt hat das EnBWTeam sie geliefert. Nicht nur die EnBW als Ganzes, sondern jeder einzelne Geschäftsbereich hat sein Ergebnis verbessert“, betonte Kusterer und zeigte sich zuversichtlich, das bis 2020 gesteckte Ergebnisziel zu erreichen. Mehr noch: Gelinge es, den Umbau weiter so konsequent voranzutreiben, könne dieses sogar noch übertroffen werden.
Dieser Umbau zeigt sich beispielsweise am Gewicht der einzelnen Geschäftsbereiche: Im Jahr 2012 stand die konventionelle Stromerzeugung aus Kernenergie und Kohleverstromung noch für die Hälfte des Ergebnisbeitrags. Heute liefern die Strom- und Gasnetze sowie erneuerbare Energien rund 70 Prozent. Die beiden Sparten sind es auch, die im laufenden Jahr das höchste Ergebniswachstum erwarten lassen, so dass Finanzchef Kusterer mit einem zwischen null und fünf Prozent höheren Betriebsgewinn kalkuliert.
Auch langfristig wollen die EnBW-Manager das Wachstumstempo hochhalten, indem der Konzern zu einem „Infrastrukturpartner“umgebaut werden soll. Die Zukunft sehen Mastiaux und Kusterer also nicht mehr nur im Energiesektor, sondern auch in angrenzenden Märkten wie beispielsweise im Breitbandgeschäft oder in der Elektromobilität. Mit diesem breiteren Ansatz will die EnBW bis 2025 ein Ergebnis von „mindestens drei Milliarden Euro erzielen“.
Für die EnBW-Aktionäre sind das unter dem Strich gute Nachrichten, ist für die Zukunft doch wieder mit steigenden Dividenden zu rechnen. Im vergangenen Jahr war nach einem Milliardenverlust aufgrund der Einzahlung in den Atommüllfonds die Ausschüttung noch komplett gestrichen worden. In diesem Jahr dürfen die beiden Hauptaktionäre – das Land BadenWürttemberg über seine Beteiligungsgesellschaft Neckarpri und der Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW), ein Zusammenschluss von neun Landkreisen im südlichen Baden-Württemberg – mit 0,50 Euro je Aktie rechnen.