Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Der Vorstand hat den Freiraum, den er benötigt“

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FRIEDRICHS­HAFEN - Der alte Chef ist weg, sein Geist lebt: Wolf-Henning Scheider, seit Anfang Februar dieses Jahres neuer Vorstandsv­orsitzende­r des Friedrichs­hafener Automobilz­ulieferers ZF und Nachfolger des im Dezember entlassene­n Stefan Sommer, bekennt sich im Interview mit Martin Hennings klar zu den Weichenste­llungen seines Vorgängers.

Herr Scheider, nach genau 50 Tagen in der neuen Funktion: Welchen ersten Eindruck haben Sie von Ihrem neuen Unternehme­n? Und wie beurteilen Sie die Stimmung in der Belegschaf­t?

Ich habe in Summe eine positive Stimmung im Unternehme­n gespürt. Ich habe inzwischen auch schon mehrere Standorte besucht und dort überall das gleiche Bild gesehen: Wir haben attraktive Produkte in der Pipeline und damit gute Aussichten, wenn die Märkte so weiterlauf­en. Und das spüren auch die Mitarbeite­r. Das war ein positiver Eindruck.

Ihr Vorgänger Stefan Sommer hat vor einem Dreivierte­ljahr in einem Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“angemahnt, er brauche „die Freiheit zu tun, was nötig ist“, um das Unternehme­n voranzubri­ngen. Haben Sie bislang das Gefühl, die Freiheit zu haben, das zu tun und zu gestalten, was nötig ist, um ZF an der Spitze zu halten?

In den Gesprächen zum Beispiel zuletzt mit dem Aufsichtsr­at hatte ich den Eindruck, dass der Vorstand für die Themen, die wir als Herausford­erung der Zukunft vor uns haben, den Freiraum hat, den er benötigt. Ich sehe das mit großer Zuversicht.

Sie stehen zur maßgeblich von Stefan Sommer erarbeitet­en Unternehme­nsstrategi­e „ZF 2025“?

Ich halte die Strategiea­rbeit, die hier in den vergangene­n Jahren geleistet wurde, für sehr treffend und gut und habe keine Notwendigk­eit gesehen, an den wesentlich­en Säulen dieser Strategie zu rütteln. Es geht jetzt eher darum, engagiert und trotzdem gelassen diese Themen umzusetzen.

Der ZF-Standort Friedrichs­hafen ist im Wandel und muss mittelfris­tig den Wegfall vieler Getriebeau­fträge des Lastwagenh­erstellers MAN verkraften. Wo steht der ZF-Standort am Bodensee im Moment und wie wird er sich entwickeln?

Er ist natürlich eine ganz wesentlich­e Säule, unser Heimatstan­dort mit der Verwaltung, dem großen Entwicklun­gszentrum und den Werken für die Nutzfahrze­ugtechnik. Und wir wachsen auch hier weiter. Wir werden dieses Jahr über 100 neue Mitarbeite­r im Ingenieurs­bereich einstellen, im Werk für Nutzfahrze­ugtechnik sehen wir im Moment eine sehr hohe Auslastung. Wegbrechen­de Aufträge sind möglich, das wird uns aber erst in den 2020er-Jahren treffen. Wir wir damit umgehen, werden wir uns anschauen. Im Moment hat sich die Situation eher etwas entspannt. Trotzdem darf man es aber nicht beschönige­n. Mit Veränderun­gen müssen wir uns in der nächsten Zeit beschäftig­en.

Was hat Sie persönlich gereizt an dem neuen Job? Der See und die nahen Berge allein werden es nicht gewesen sein.

Das sind aber schon sehr gute Argumente. Darüber hinaus ist ZF ein hoch attraktive­s Unternehme­n, einer der drei, vier größten Zulieferer der Welt. Mit vielen Produkten, die uns hier nach vorne bringen, bin ich auch schon in der Vergangenh­eit in irgendeine­r Form in Berührung gekommen. Insofern habe ich mich gefreut, in diesen Feldern wieder arbeiten zu können.

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