Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Eidgenossen haben Dampf gemacht
Heute ist der Spatenstich zur Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke München–Memmingen–Lindau
LINDAU - Heute ist in Memmingen Spatenstich für die Elektrifizierung der Strecke von Geltendorf bei München über Memmingen nach Lindau.
Lange genug hat es gedauert. Schon 1975 hatte die Deutsche Bahn beabsichtigt, die Strecke für das Fahren unter Strom aufzurüsten. Nach diesen ersten Vorstellungen wäre übrigens der historische Lindauer Bahnhof vollumfänglich auf der Insel geblieben, während jetzt die zentrale überregionale Haltestelle aufs Festland verlagert wird. Jedenfalls geschah erst einmal nichts. Es war seinerzeit sogar im Gespräch, ob zumindest die Teilstrecke zwischen Memmingen und dem Bahnknoten Hergatz nicht stillgelegt werden sollte. Insider sagen, dass nur der Fernverkehr zwischen München und Zürich das Ende verhindert habe. Mit dem eidgenössischen Wirtschaftsund Finanzzentrum kommt die Schweiz als gewichtiger Faktor ins Spiel. „Ohne sie würde es wohl den Spatenstich am Freitag nicht geben“, glaubt beispielsweise Peter Stöferle, bei der Industrie- und Handelskammer Schwaben für Handel, Verkehr und Logistik zuständig. Für die Schweiz hat die Route von Zürich über St. Gallen, Bregenz, Lindau, Memmingen nach München eine spezifische Bedeutung. Sie ist für das Land ein weiterer Anschluss ans europäische Hochgeschwindigkeitsnetz im Bereich der Eisenbahn.
Von Zürich bis Lindau existieren bereits Oberleitungen. Mit Blick auf den Ausbau der Reststrecke verkündigten die Eidgenossen vor zwölf Jahren, sie würden eine Art Kredit für die Finanzierung des Ausbaus zur Verfügung stellten - aber nur, wenn das Werk dann auch bis 2020 fertig sei. Rund 50 Millionen Euro sollen es jetzt sein, die aus dem Nachbarland kommen. Theoretisch wäre als Ausbauroute auch die historische bayerische Allgäu-Bahn von Lindau über Kempten nach München infrage gekommen. Sie hat aber zwei Gleise. Entsprechend teurer wäre die Elektrifizierung geworden. Zudem bevorzugten die Eidgenossen die Route über Memmingen, weil sie kürzer ist. Ihr Geld wurde zudem gern genommen. 2008 unterzeichneten die Verkehrsminister beider Länder dann eine Absichtserklärung zur Elektrifizierung. Insgesamt wurde seinerzeit mit rund 210 Millionen Euro Gesamtkosten kalkuliert. Inzwischen liegt die Summe bei 440 Millionen Euro. Rechnet man noch zusätzliche Maßnahmen wie den Umbau des Bahnknotenpunkts Lindau mit hinein, werden sogar mehr als 700 Millionen Euro in die Strecke investiert.
Von München bis zu dessen Vorort Geltendorf gibt es bereits Strom. Das heißt, es geht um die Elektrifizierung der restlichen 155 Kilometer bis Lindau. Die Verteuerung des Projekts liegt nach Angaben der Deutschen Bahn unter anderem am Lärmschutz. Er wird weitaus umfassender sein als ursprünglich geplant. So plant die Deutsche Bahn nun mit 25 Kilometern Lärmschutzwänden. Spürbar zu Buche schlägt auch ein höherer Sanierungsaufwand. Der Gleisuntergrund der im 19. Jahrhundert gebauten Strecke muss vielfach ausgetauscht werden.
Arbeiten in Lindau ab 2019
Vorarbeiten laufen seit 2016. So wurden bereits zahlreiche Bahnübergänge den neuen Bedingungen angepasst. Die nun beginnenden Hauptarbeiten betreffen vorerst den Abschnitt zwischen Memmingen und Geltendorf. An der Strecke von Leutkirch nach Lindau wird wohl erst ab 2019 gearbeitet. Mit allen Gleisbereichen zusammen, also auch jenen in den Bahnhöfen, werden 238 Kilometer elektrifiziert.