Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Der Hunger des Matadors
Spanien will WM-Favoritenrolle gegen DFB untermauern – Ramos vor 150. Länderspiel
DÜSSELDORF (SID) - Die goldene Ära ist schon eine ganze Weile her, nach zwei desaströsen Turnier-Auftritten in Brasilien und Frankreich will die Furia Roja bei der WM-Endrunde in Russland aber wieder ihr wahres Gesicht zeigen. „Spanien hat einen Umbruch hinter sich, eine neue Generation wächst heran“, sagt der frühere Bayern-Profi Xabi Alonso, der mit der spanischen FußballNationalmannschaft 2010 Weltmeister sowie 2008 und 2012 Europameister wurde. Für Alonso zählt sein Heimatland ebenso wie Weltmeister Deutschland im Sommer zu den Titelanwärtern, was auch Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff unterstreicht: „Für mich gehören sie weiter zu den Favoriten.“
Beim heutigen Kräftemessen mit dem Titelverteidiger in Düsseldorf (20.45 Uhr/ARD) sowie beim Härtetest vier Tage später in Madrid gegen Vizeweltmeister Argentinien wollen die Spanier zeigen, dass sie zu Recht zum Favoritenkreis 2018 zählen.
„Das sind Spiele, die uns viel abverlangen. Die Schlüsse, die wir daraus ziehen können, sind sehr wichtig, aber nicht endgültig. Wir bekommen Antworten auf einige Fragen“, sagte Trainer Julen Lopetegui, der das Team nach dem Achtelfinalaus bei der EURO 2016 übernommen und souverän durch die WM-Qualifikation geführt hat.
Ähnlich wie Bundestrainer Joachim Löw hat der frühere Torwart ein Luxusproblem, auch der 51-Jährige muss aus einem Kreis von 40 Spielern seinen WM-Kader schmieden. Die Spanier, die bei der WM 2014 bereits nach der Vorrunde die Koffer packen mussten, verfügen mittlerweile wieder über eine gesunde Mischung aus erfahrenen Spielern und verheißungsvollen Talenten wie Saul und Koke. Das macht die Angelegenheit aber nicht einfacher.
Dass Coach Lopetegui für die Prestigeduelle gegen Deutschland und Argentinien auf Stars wie Javi Martinez (Bayern München) und Alvaro Morata (FC Chelsea) verzichtete, löste bei einigen Experten Kopfschütteln aus. „Er hat mich nie angerufen oder irgendetwas darüber gesagt. Viele Leute waren überrascht und haben mich gefragt, warum ich nicht mitfahre“, sagte Martinez bei
ESPN. Dass in Marcos Alonso (FC Chelsea) dafür ein Debütant nominiert wurde, den kaum jemand auf der Rechnung hatte, erinnerte ebenso an Löw, der auch gerne mal eine Überraschung aus dem Hut zaubert.
„Konkurrenz belebt das Geschäft. Morgen ist nicht die Weltmeisterschaft. Es gibt Spieler, die nicht berufen wurden, die aber weiterhin Chancen haben“, sagte Lopetegui.
Unantastbar scheint dagegen Sergio Ramos. Gegen Deutschland feiert der extrovertierte Kapitän seinen 150. Länderspiel-Einsatz. Ramos verfügt über eine Titelsammlung, die selbst den großen Club-Kollegen bei Real Madrid Cristiano Ronaldo neidisch macht: Weltmeister, zweimal Europameister, dreimal ChampionsLeague-Sieger, viermal spanischer Meister. Und das soll noch lange nicht das Ende sein. Das Tattoo des WM-Pokals, das seine rechte Wade ziert, würde er sich nach einem weiteren Triumph im Sommer nur allzu gerne noch einmal stechen lassen.
„Mir wurde früh vermittelt, dass man im Leben viel erreichen kann, wenn man kämpft. Ich habe andalusisches Blut“, sagt der eisenharte Verteidiger. Aufgewachsen ist er in einer Region, in der Stierkampf zum Volksgut gehört. „Wenn ich auf dem Feld stehe und alles vergesse, dann habe ich tatsächlich das Gefühl, ich habe die Qualitäten eines Matadors“, sagte er einst. Der wuchtige und torgefährliche Verteidiger, den nur noch die auf das Abstellgleis beförderte Torhüterlegende Iker Casillas mit 167 Länderspielen übertrumpft, kämpft mit allen Mitteln und immer bis zur letzten Sekunde gegen seine Gegner. Und gegen Deutschland bei großen Turnieren sehr erfolgreich. Sowohl im Finale der EM 2008 als auch im Halbfinale der WM 2010 setzte sich sein Team mit 1:0 durch.
Auch bei der WM in Russland will Ramos angreifen. Aber erst einmal hat der Matador – und nicht zuletzt Spanien – die DFB-Elf vor der Brust.
„Viele Leute waren überrascht und haben mich gefragt, warum ich nicht mitfahre.“Javi Martínez
Die voraussichtlichen Aufstellungen: Deutschland: ter Stegen Kimmich, Boateng, Hummels, Hector - Gündogan, Kroos - Müller, Özil, Draxler - Werner. – Spanien: de Gea - Carvajal, Pique, Sergio Ramos, Jordi Alba - Isco, Koke, Iniesta Silva, Diego Costa, Asensio.