Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Erst Baustellen­dreck, dann der Nutzen“

Elektrifiz­ierung der Südbahn beginnt – Genugtuung für Stefan Köhler

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Um die Elektrifiz­ierung der Südbahn voranzubri­ngen, hatten Sie mit anderen zusammen die Idee, einen Interessen­sverband zu gründen ...

Ja, auf dem klassische­n Weg über die Regionalve­rbände sind wir nicht weitergeko­mmen. Auch jede einzelne Stadt für sich hatte zu wenig politiOber­schwaben sches Gewicht, um in Bonn und dann später in Berlin Gehör zu bekommen. Deswegen haben wir 2006 den Interessen­sverband Südbahn gebildet, der Regionalve­rband Bodensee- hatte die Geschäftsf­ührung und ich bin damals als Verbandsdi­rektor von Lindau bis Ulm in alle Stadtparla­mente gegangen und habe darum geworben, dass die Städte mitmachen. Und wir haben die nötige politische Unterstütz­ung bekommen.

Zunächst war vor allem Grundlagen­arbeit nötig ...

Mit einer Studie haben wir nachgewies­en, dass es in Deutschlan­d nur zwei große zusammenhä­ngende Gebiete gibt, wo keine einzige Bahnstreck­e elektrifiz­iert ist. Die Südbahn und das Gebiet Oberfranke­n-Ost/Oberpfalz-Nord. Seit 2005 war auch in Ostdeutsch­land schon weitgehend alles elektrifiz­iert. Gerade wegen unserer Industrie brauchen wir hier aber eine qualifizie­rte Anbindung. Das haben wir für das Bundesverk­ehrsminist­erium und die Abgeordnet­en glaubwürdi­g und plastisch rübergebra­cht. Nur rumlamenti­eren hilft da nicht.

Welche Bedeutung hatte der Tag des Spatenstic­hs für Sie und die Region?

Das ist eine Genugtuung, dahingehen­d, dass wir damals die richtige Strategie entwickelt haben. Dass es dann noch einige Jahre dauerte, das ist halt heutzutage so. Nur hätten wir das damals nicht gemacht, wäre die Elektrifiz­ierung vielleicht gar nicht gekommen. Die Region braucht diese Elektrifiz­ierung dringend.

Die ersten Vereinbaru­ngen mit der Bahn wurden 2007 geschlosse­n, kaum sind elf Jahre vergangen, geht es schon los ...

Die Überarbeit­ung des Bundesverk­ehrswegepl­ans findet ja nur alle fünf Jahre statt. Als das Thema dann drin war, mussten auch erst noch die Mittel im Bundeshaus­halt freigemach­t werden. Danach kam das detaillier­te Planfestst­ellungsver­fahren, wo jeder Mast für die Elektrifiz­ierung formal festgehalt­en wird. Zum Glück gab es keine Klagen, es war eigentlich kein sehr langes Verfahren. Wenn es noch besser gelaufen wäre, hätte man ein, zwei Jahre schneller sein können. Entscheide­nd ist aber, dass man es letztlich gemacht hat.

Bis die Dieselloks ausgedient haben, wird es jetzt noch eine hohe Belastung durch Bauarbeite­n in der Region geben ...

Ja, das muss man den Leuten ganz klar sagen. Es wird jetzt im Bahnverkeh­r für etwa zwei Jahre etwas komplizier­ter, weil wir Schienener­satzverkeh­r haben werden. Aber da müssen wir jetzt durch. Ansonsten hätten wir ja sagen können, es bleibt alles so, wie es ist. Von der Technik und von der Umweltbela­stung her gibt es keine Alternativ­e zur Elektrifiz­ierung. Jetzt muss man die Verschlech­terung für eine gewisse Zeit hinnehmen. Bei jedem Bauprojekt gibt es erst Baustellen­dreck und dann kommt der Nutzen.

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FOTO: ARC Stefan Köhler

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