Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mehr Schäden durch Schwarzwild
Kreisjägermeister Reinhold Baumann fordert größeren Freiraum für Jagd.
TETTNANG - Wildsauen machen im Tettnanger Raum offenbar wieder verstärkt Ärger. Bauern wie Jäger sorgen sich. Zu Recht, wie Kreisjägermeister und Landwirt Reinhold Baumann meint. Mit ihm sprach unser Redakteur Uwe Jauß.
Vom Hörensagen her nehmen die Klagen über Schäden, die von Wildsauen verursacht wurden, enorm zu. Gibt es diese Steigerung wirklich?
Absolut. Dies kann ich nur bestätigen. Es geht dabei um das Umbrechen von Wiesen oder der Zwischenstreifen in Obstanlagen. Betroffen ist das ganze Umfeld des Tettnanger Forsts. Vor allem im südlichen Bereich ist es schlimm. Aus Oberdorf ist mir beispielsweise gemeldet worden, dass Sauen in einer frisch gerichteten Wiese Löcher mit einer Tiefe bis zu einem halben Meter gegraben hätten, um dort irgendetwas Essbares zu finden.
Wo sind die wichtigsten Einstände des Schwarzwilds?
Die Kiesgruben sind zum Eldorado für Sauen geworden. Dies betrifft die Flächen, die rekultiviert werden. Dort läuft kein Spaziergänger. Die Sauen sind ungestört. An den Lärm des Kiesabbaus haben sie sich gewöhnt. Zudem ist es dort sonnig und trocken.
Welche Ursachen könnten hinter den gegenwärtigen Problemen stecken?
Im Winter 2016/2017 war praktisch kein Schnee vorhanden. Weil Sauen üblicherweise nachtaktiv sind, hilft eine weiße Fläche beim Bejagen. Vor allem bei Mondlicht heben sich die Tiere dann von ihrem Umfeld ab. Fehlt Schnee, werden regelmässig weniger Sauen geschossen. Gleichzeitig hat wohl in dem milden Winter vor einem Jahr beinahe jede Bache gefrischt. Die Frischlinge hatten gute Überlebenschancen. Hinzu kommt, dass überall Mais angebaut wird, seit es immer mehr Biogasanlagen gibt. Mais schmeckt den Sauen nicht nur. Die Felder bieten ihnen auch gute Einstände.
Man kann also von einem Wachstum der Population ausgehen. Macht sich dies auch an der Zahl der erlegten Sauen bemerkbar?
Genaue Zahlen liegen mir noch nicht vor. Auf jeden Fall sind viel mehr Sauen als im Winter 2016/2017 ge- schossen worden. Hierbei war der immer wieder vorhandene Schnee hilfreich.
Was könnte dabei helfen, die Sauenbestände generell zu reduzieren?
Es wäre sehr hilfreich, wenn der Gesetzgeber das Benutzen von Nachtzielgeräten freigeben würde. Dann ließen sich die Sauen in der Dunkelheit besser erkennen und auch besser erlegen. Dies würde auch der allgemeinen Sicherheit und dem Muttertierschutz dienen. Wichtig ist zudem, dass verstärkt revierübergreifende Drückjagden organisiert werden. Es sollte flächendeckend gejagd werden. Desweiteren müssen die Bauern mit den Jägern zusammenarbeiten und sie schnell informieren, wenn es Sauenschäden gibt. Dann können die Jäger rasch reagieren.
Sorgen bereitet inzwischen auch die Afrikanische Schweinepest. In osteuropäischen Landstrichen ist die Tierseuche teilweise schon stark verbreitet. Inwieweit betrifft dies auch die hiesige Jagd auf Sauen?
Wir müssen die Sauenbestände rasch dezimieren. Wenn sich die Afrikanische Schweinepest bei uns ausbreitet, wird es für die Schweinezuchtbetriebe schlimm. Vielleicht bewegt sich aber die Politik mit Blick auf die Schweinepest und erlaubt Nachtzielgeräte. In Baden-Württemberg hat es bereits aus gegebenem Anlass die Schonzeitaufhebung für März und April gegeben. Es ist eben so, dass man gerade in diesen beiden Monaten sehr gut einjährige Sauen bejagen kann. Sie sind dann nicht mehr bei der Bache und gleichzeitig noch wenig erfahren.