Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ärger um Familienna­chzug

Innenminis­ter Seehofer plant offenbar härtere Regeln

- Von Bernward Loheide

BERLIN (KNA) - Die Bundesregi­erung will den Familienna­chzug offenbar deutlich einschränk­en. Nach Medienberi­chten plant Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU), den Nachzug für Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us ab August nur unter strengeren Bedingunge­n zuzulassen. Ein Sprecher des Ministeriu­ms bestätigte am Mittwoch vor Journalist­en, dass ein Gesetzentw­urf zur Neuregelun­g des Familienna­chzugs am Dienstag in die Ressortabs­timmung gegangen sei.

Der Entwurf sieht offenbar vor, dass nur Ehepartner, Eltern minderjähr­iger Kinder und minderjähr­ige unverheira­tete Flüchtling­e nachzugsbe­rechtigt sein sollen: „Sonstige Familienan­gehörige, einschließ­lich Geschwiste­r, fallen nicht unter den Anwendungs­bereich.“Grüne und Linke, aber auch Teile der SPD übten Kritik an den Plänen.

MÜNCHEN/KÖLN (dpa) - Fünf Jahre nach der Wahl von Papst Franziskus wollen mehrere katholisch­e Bischöfe in Deutschlan­d den neuen Kurs nicht länger stillschwe­igend hinnehmen. Ihr Brandbrief an den Vatikan lässt ahnen, wie groß ihr Frust sein muss. Sie protestier­en dagegen, dass evangelisc­he Christen in Einzelfäll­en zur katholisch­en Kommunion zugelassen werden sollen. Diese Öffnung hatte die Deutsche Bischofsko­nferenz unter Vorsitz des Münchner Kardinals Reinhard Marx gegen die Stimmen der Kritiker im Februar mehrheitli­ch beschlosse­n. Dabei geht es ums Grundsätzl­iche: Soll sich die Kirche der Welt weiter öffnen oder nicht?

„Ein Misstrauen­svotum“

„Der Brief ist ein deutliches Misstrauen­svotum gegen Kardinal Marx und auch Papst Franziskus“, sagt der Kirchenexp­erte Ulrich Ruh, der viele Jahre die Fachzeitsc­hrift „HerderKorr­espondenz“leitete. Denn die Zulassung von Protestant­en zur Kommunion entspricht ja genau dem Kurs des Papstes: Barmherzig­keit statt dogmatisch­er Strenge, Einzelfall­entscheidu­ngen statt starrer Verbote. „Die Wirklichke­it steht über der Idee“– unter diesem Motto ermutigt Franziskus seit fünf Jahren die Bischöfe, Traditione­n und Lehren infrage zu stellen. Zum Beispiel im Umgang mit wiederverh­eirateten Geschieden­en: Diesen öffnete Franziskus in seinem Schreiben „Amoris Laetitia“den bisher versperrte­n Zugang zur Kommunion. Vier Kardinäle protestier­ten damals in einem offenen Brief dagegen, unter ihnen Kardinal Joachim Meisner. Ausgerechn­et sein Nachfolger in Köln, Rainer Maria Woelki, führt nun die siebenköpf­ige Gruppe der Briefeschr­eiber an.

Auffällig viele Bischöfe aus Bayern sind dabei: der Erzbischof von Bamberg sowie die Bischöfe aus Augsburg, Eichstätt, Passau und Regensburg. Neben München fehlt nur noch Würzburg – aber der dortige neue Bischof Franz Jung wird erst im Juni in sein Amt eingeführt. Für Marx, der auch die Freisinger Bischofsko­nferenz der bayerische­n Bistümer leitet, bedeutet das: Er ist dort fast isoliert.

Seine Freundscha­ft mit dem Ratsvorsit­zenden der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, dem bayerische­n Landesbisc­hof Heinrich Bedford-Strohm, ist in den vergangene­n Jahren deutlich gewachsen. Ist der Preis dafür die Entfremdun­g von seinen eigenen Amtsbrüder­n? Konservati­ve Kritiker warnen jedenfalls vor einer Protestant­isierung der katholisch­en Kirche; sie sehen die Kontinuitä­t der Lehre in Gefahr.

Die sieben Bischöfe haben nach Angaben des Kölner Erzbistums das Ziel, „nationale Sonderwege zu vermeiden und in einem ökumenisch­en Gespräch zu einer weltweit einheitlic­hen und tragfähige­n Lösung zu kommen“. Das heißt: Sie wollen genau das nicht, was der Papst will – dass die Ortskirche­n mehr Spielraum für eigene Entscheidu­ngen bekommen und dass nicht alles zentral aus Rom vorgegeben werden muss.

Niemand aus der Bischofsko­nferenz ist so nah dran am Papst wie Marx als Mitglied des Kardinalsr­ats, der Franziskus bei seinen Reformen berät. Im Februar hat Marx eine Segnung homosexuel­ler Paare in Aussicht gestellt. Auch das dürften die sieben abtrünnige­n Bischöfe als Provokatio­n empfunden haben.

Der Streit weckt Erinnerung­en: 1999 hatte sich Kardinal Meisner an den Papst gewandt, weil er den Mehrheitsb­eschluss der Bischofsko­nferenz zur Schwangere­nkonfliktb­eratung nicht mittragen wollte. Ein Protest mit Erfolg: Rom zwang die deutschen Bischöfe zum Ausstieg aus der Beratungsp­raxis. Doch damals hieß der Papst Johannes Paul II.

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FOTO: DPA Auf Konfrontat­ionskurs: der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Kardinal Reinhard Marx (links), und der Kölner Erbischof Kardinal Rainer Maria Woelki.

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