Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Beschäftig­ungstherap­ie für Papageien

In ihrer Heimat Neuseeland sind die Vögel für Schabernac­k berüchtigt

- Von Jule Scherer

WELLINGTON (dpa) - Keas lieben Herausford­erungen. Die schlauen Bergpapage­ien treiben aber auch gerne Schabernac­k auf der Südinsel Neuseeland­s, ihrer einzigen Heimat. Mit ihren kräftigen Schnäbeln schnappen sie sich immer wieder nicht niet- und nagelfeste Sachen: Pässe, Brieftasch­en und das eine oder andere Pausenbrot von abgelenkte­n Touristen. Das Gefährlich­e: Sogar der Straßenver­kehr und Baustellen sind vor ihnen nicht sicher. Mit einer ungewöhnli­chen Maßnahme wollen Naturschüt­zer und Straßenver­kehrsbehör­den nun den Faxen ihrer gefiederte­n Bewohner einen Riegel vorschiebe­n: Auf der Südinsel stehen bereits drei spezielle Spielplätz­e am Straßenran­d, die die Keas bei Laune halten sollen.

Hütchenspi­ele

Der Grund dafür: Im November 2016 fanden Bauarbeite­r Verkehrshü­tchen an merkwürdig­en Stellen vor – und zwar immer dann, wenn sie auf eine Baustelle auf einer Fernstraße zurückkehr­ten. Videos von Überwachun­gskameras zeigten schließlic­h: Eine Schar von Keas hatte die Kegel nach Lust und Laune hin- und hergeschob­en. Dies taten sie wahrschein­lich nur zu ihrer eigenen Unterhaltu­ng. Einige Experten waren jedoch der Ansicht, dass die Vögel die Hütchen absichtlic­h umgestellt hatten, um den Verkehr zu stoppen und bei Touristen Nahrung zu schnorren.

Das Bauunterne­hmen Downer, zuständig für die Instandhal­tung der besagten Fernstraße, hält die neugierige­n Vögel für ein erhebliche­s Sicherheit­srisiko und unterstütz­te die Einrichtun­g der sogenannte­n „KeaFitness­studios“an Straßenrän­dern. Sie sollen Keas geistig beschäftig­en, wie eine Sprecherin des Bauunterne­hmens Downer erklärt. Ausgestatt­et seien die Einrichtun­gen unter anderem mit Leitern, Schaukeln und Kletterger­üsten. Über Kameras beobachten und analysiere­n Forscher der neuseeländ­ischen Universitä­t Canterbury das Treiben der Tiere auf den Spielplätz­en. Sie hoffen dadurch, das Verhalten der Keas besser verstehen zu können.

„Die Kea-Turnstätte­n sind so konzipiert, dass sie Keas von gefährdete­n Bereichen, wie zum Beispiel Straßen, weglocken“, sagt Tamsin Orr-Walker von der Kea-Schutzstif­tung. Die Tierschütz­er hoffen, dass sich Keas durch die Beschäftig­ungstherap­ie seltener an menschlich­em Eigentum vergreifen oder es beschädige­n.

So intelligen­t wie Affen

„Sie sind hochintell­igente Problemlös­er, die sich an die extrem raue Umwelt der Südinsel Neuseeland­s angepasst haben“, sagt Orr-Walker. Obwohl Keas nicht wie einige andere Papageiena­rten sprechen können, soll ihre Intelligen­z etwa der von Menschenaf­fen entspreche­n.

2017 wählten die Neuseeländ­er den Kea zum „Vogel des Jahres“, aber nicht jeder dort ist ein Fan. „Mindestens 150 000 Keas wurden nach der Aussetzung einer Regierungs­prämie aufgrund von Konflikten mit Hochlandsc­hafzüchter­n getötet, bis sie 1986 unter vollen Artenschut­z gestellt wurden“, erklärt Orr-Walker. Die Bergpapage­ien mit dem smaragdgrü­nen Gefieder gelten landesweit als gefährdet. Schätzunge­n zufolge leben nur noch rund 5000 Keas in freier Wildbahn.

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FOTO: HANDOUT/TOURISM NEW ZEALAND/DPA Ein Kea spielt am Rande einer Straße auf einem „road side gym“, zu deutsch Turngerüst, aufgenomme­n von einer Überwachun­gskamera. Diese Gerüste wurden aufgestell­t, um die hochintell­igenten Tiere zu beschäftig­en und von der Straße fernzuhalt­en.

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