Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bürgerentscheide haben Raimund Haser politisiert
Eine ungewöhnliche Biographie – CDU-Landtagsabgeordneter zu Besuch beim Netzwerk K
FRIEDRICHSHAFEN (sap) - Wer im Leben immer geradeaus geht, kommt nicht weit. So oder so ähnlich ließe sich das Lebensmotto des Landtagsabgeordneten Raimund Haser (CDU) beschreiben. Beim Besuch des Netzwerk K – Presseclub für BodenseeOberschwaben – berichtete er von seinem Werdegang: Vom Marketingleiter der Leutkircher Bank über die Wirtschaftsredaktion der Schwäbischen Zeitung und die eigene PR-Agentur in den Landtag. Eine Biographie, die alles andere als gewöhnlich ist.
Erst spät entdeckte Haser seine politischen Ambitionen: „Die zunehmende Zahl der Bürgerentscheide hat mich sehr politisiert“, berichtet Haser rückblickend auf Stuttgart 21 im Jahr 2011 und die Zumthor-Entscheidung in Isny 2012. „Mit diesen Verfahren hat sich die Büchse der Pandora geöffnet. Unterschwellige Dissenzen haben sich entzündet und wurden groß gemacht.“Die Konsequenz: Haser beschließt, sich politisch einzusetzen. Dabei denkt er an ein Engagement im Gemeinderat – es wird ein Direktmandat für den Landtag.
Ein gutes Jahr nach seinem Eintritt in die CDU im Jahr 2014 zieht Raimund Haser als Abgeordneter für den Wahlkreis Wangen/Illertal in den Stuttgarter Landtag ein: „Ich war die Hummel, die geflogen ist, obwohl man ihr sagte, sie könne es nicht“, beschreibt Haser. Aus seinen vorherigen Berufen nimmt Haser folgendes Rüstzeug mit: Neugier, sich Themen durch Fragen zu nähern sowie Dinge ausformulieren zu können. „Wer seine Gedanken zu Papier bringt, der bleibt“, verrät der ehemalige Redakteur. Gute Positionspapiere dienen als Grundlage für Regierungsprogramme, sagt Haser.
Besonderes Augenmerk legt Haser, der Mitglied in den Ausschüssen für Bildung und Umwelt ist, nach eigenen Aussagen auf das Thema Nachhaltigkeit. Dieser Begriff sei für ihn nicht alleine mit biologischer Vielfalt oder ökologischen Landschaften erklärt. Seiner Meinung nach fokussieren sich die Grünen zu sehr auf den ökologischen Bereich, versucht er einen Seitenhieb auf den großen Regierungspartner. Als Vater einer sechsjährigen Tochter stünden für ihn allerdings weitere Fragen im Raum: „Was hinterlassen wir diesen Generationen? Was bleibt von den Menschen übrig?“.
Keine Einheitspartei
Wie sich die CDU auf Dauer der Rolle des Juniorpartners entledigen wolle, fragt ein Teilnehmer. „Durch erfolgreiche Arbeit in unseren fünf Ministerien“, kontert Raimund Haser selbstbewusst. „Wir sind keine Einheitspartei und sollten die Unterschiede zu den Grünen ganz klar machen.“Es sei wichtig, die Nichtwähler wieder zu erreichen. Ein Fünftel der Bevölkerung profitiere nicht vom derzeitigen Wohlstand, sagt Haser. „Diese Leute sind nicht zufrieden, sie gilt es wieder zu erreichen.“Haser plädiert dafür, Dinge offen anzusprechen: „Wir sollten sagen, was gut läuft, aber auch wo es nicht funktioniert – auch beim Thema Flüchtlinge.“Ansonsten stärke man denjenigen den Rücken, die sagen, die Regierung kehre alles unter den Teppich. Es sei schwer, einer älteren Dame, deren Geld kaum bis zum Monatsende reiche, zu erklären, warum eine syrische Familie mit sechs Kindern mehr bekomme als sie. „Wir müssen das trotzdem ansprechen und nicht das Gefühl entstehen lassen, dass wir das unter dem Deckel halten“, sagt Haser.
Alleine wenn es um die AfD geht, empfiehlt der CDU-Mann auch mal den Mund zu halten: „Wenn wir über jegliche Entgleisung von denen reden, dann machen wir sie groß.“Sein persönliches Rezept im Umgang: „Ich rede nicht mit denen. Wir sollten nicht auf jede Provokation reagieren, sondern deren Reden manchmal einfach durchlaufen lassen und den Kopf schütteln.“