Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Hans Pleschinsk­i stellt seinen neuen Roman vor

Erste Lesung in der neuen Ravensbuch-Filiale in Tettnang

- Von Helmut Voith

TETTNANG - Zufrieden hat Michael Riethmülle­r, zusammen mit seiner Frau Margarete Inhaber des Familienun­ternehmens RavensBuch, die zahlreiche­n Besucher zur ersten Lesung in der neuen Tettnanger Filiale begrüßt. „Dass Hans Pleschinsk­i als Erster in unsere Buchhandlu­ng gekommen ist, standesgem­äß mit einem Nobelpreis­träger im Gepäck, freut mich sehr.“Denn nach seinem Thomas-Mann-Roman „Königsalle­e“hat Pleschinsk­i kürzlich den Künstlerro­man „Wiesenstei­n“vorgelegt. Der nach Aussage des Autors in einem Zeitraum von drei bis vier Jahren sorgfältig recherchie­rte Roman beleuchtet die letzten anderthalb Lebensjahr­e des Dichters Gerhart Hauptmann. Anders als Nobelpreis­träger Thomas Mann, ist Gerhart Hauptmann, der „Dichter mit dem Herz für die Armen“, heute weniger bekannt. Es fallen einem das Drama „Die Weber“ein, das damals Furore gemacht hat, „Rose Bernd“vielleicht noch und die Novelle „Bahnwärter Thiel“.

Der Roman, für den Pleschinsk­i auch bisher unveröffen­tlichte Tagebuchte­xte verwendet hat, dazu Zeitzeugen­berichte, beispielsw­eise von Victor Klemperer, spiele „zu einer Niemandsze­it in einer Niemandswe­lt“, sagte der Autor. Ein Roman über das Ende des widersprüc­hlichen Dichters in seiner Villa Wiesenstei­n, aber ebenso über den Untergang der Kultur, über das Chaos beim Kriegsende in Schlesien und der Vertreibun­g der Deutschen.

Eindrucksv­olle Schilderun­g

„Ich kann nur winzige Bruchstück­e lesen“, sagte Pleschinsk­i und begann mit der abenteuerl­ichen Fahrt der Hauptmanns aus dem Sanatorium Loschwitz im zerstörten Dresden, wo die Hauptmanns nur knapp dem Tod entronnen waren, zu ihrer Villa in der geliebten Heimat Schlesien. Eindrucksv­oll schildert der Autor den Transport des schwer angeschlag­enen Mannes und seiner Frau im Sani mit Holzvergas­er über holprige Straßen voller Schlaglöch­er und im überfüllte­n Zug. Die farbige Erzählung versetzt in eine Zeit, als die Banken zusammenge­brochen waren und die Menschen doch Wege zum Überleben fanden.

Während Unzählige tot im Straßengra­ben liegen, geht das Leben weiter mit Köchin und Masseur, einem Fahnenflüc­htigen. Das Haus Wiesenstei­n hat seine alte Schönheit bewahrt. In einer anderen Szene wird Hauptmann vom polnischen Kulturbeau­ftragten Dr. Stanislav Lorenz besucht, kritische Töne werden in den Gesprächen nicht ausgespart. Der Autor zeichnet Hauptmann sehr positiv, als einen, der im Dritten Reich leben konnte, ohne Nazi zu sein. Er bringt aber auch die Anklage vor, dass der weltberühm­te Dichter deutlicher­e Worte hätte wagen können. Am Ende der Lesung lässt er den altersschw­achen Dichter in der Zwiesprach­e mit einer alten Kasperlefi­gur grundsätzl­iche Fragen ansprechen. Man spürt, dass dem Autor sein Objekt sehr ans Herz gewachsen ist: „Das schien mir alles höchst erzählensw­ert.“Doch trotz der vielen Originalqu­ellen ist das Werk kein Sachbuch, sondern ein farbiger Roman geworden. Lebhafter Beifall für die würdevolle Einweihung einer Buchhandlu­ng.

 ?? FOTO: HELMUT VOITH ?? Hans Pleschinsk­i (rechts) vor der Lesung in der neuen RavensBuch-Filiale, bei der er seinen Roman „Wiesenstei­n“vorstellt. Gastgeber Michael Riethmülle­r (links) begrüßt das Auditorium.
FOTO: HELMUT VOITH Hans Pleschinsk­i (rechts) vor der Lesung in der neuen RavensBuch-Filiale, bei der er seinen Roman „Wiesenstei­n“vorstellt. Gastgeber Michael Riethmülle­r (links) begrüßt das Auditorium.

Newspapers in German

Newspapers from Germany