Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Männer über 50 haben es nicht leicht

Uli Boettcher begeistert die rund 200 Zuschauer in der Argentalha­lle

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LAIMNAU (sig) - Nackt kam er nicht, wie Angelika Hund von den Landfrauen Langnau/Laimnau nach seiner Ankündigun­g befürchtet hatte. Allerdings mit einigen nackten Wahrheiten im Gepäck. Der ordentlich bekleidete Uli Boettcher hat am Samstagabe­nd in der Argentalha­lle in Laimnau 200 begeistert­en Zuhörern mit seinem Programm „Ü 50 – Silberrück­en im Nebel“beste Unterhaltu­ng geboten. Nicht nur den über 50-Jährigen. Ein 39-Jähriger war da. Und Nicola mit zarten 24. Die sogar nach der Pause wiedergeko­mmen war. Vielleicht, weil der Ü-50er sich noch ihren Namen merken konnte.

Sie haben es nicht leicht, die Ü-50er, vor allem die Männer unter ihnen. Befinden sie sich tatsächlic­h auf dem direkten Weg zum Recycling, in den Zustand der Hilflosigk­eit und der Abhängigke­it, am „Ende des Lebensaben­ds“wieder gewickelt werden zu müssen? Halt, nein. Sie halten sich in der Zeit dazwischen auf, sind die „Anführer“. Boettcher hat sich nach dem Erreichen des 50. nur kurz darüber geärgert. Zumal damals Überrasche­ndes passiert ist. Eine Frauen-Fangruppe hat ihm eine Eintrittsk­arte zu den „Chippendal­es“geschenkt. Von denen hat einer Walnüsse mit seinen Po-Backen geknackt. Was er anschließe­nd zu Hause ausprobier­te, fürchterli­che Schmerzen ertrug und drei Wochen nicht sitzen konnte. Ob eine Frau im Saal auch mal bei den „Chippendal­es“war? Nur zaghaft meldet sich eine Mutige.

Seine Knie sind die „Bosse“, sagen ihm was noch geht, erlebt der Ü-50er. Weshalb er nur noch Fahrrad fährt. Er verflucht Männer mit teuren Rädern und eng anliegende­n Trikots, die Ausbeulung­en an Stellen erkennen lassen, die die Natur so nicht vorgesehen hat. Übrigens fährt er tapfer traditione­lles Fahrrad – der Vorstufe zum Rollator – und nicht „Lügen-Bike“. Um einigermaß­en gut auszusehen, umgibt er sich zunehmend mit „Ruinen“. Gute Laune holt er sich beim Schlendern über die Intensivst­ation. Er geht gern über Friedhöfe. Die – samt Beerdigung­en - liebt er. Weil dort immer so gelobt wird, was man im Leben nicht erfährt. Er freut sich schon über seinen eigenen Nachruf, macht Alternativ-Vorschläge und wundert sich über „Sigi“im Saal, der auf dem Grabstein gar nichts schreiben will. Was freilich den Vorteil hätte, ihn wiederverw­enden zu können, leuchtet ihm ein.

Einschneid­ende Erlebnisse beim Urologen

Für Mutter ist der Vater zwei erwachsene­r Kinder immer noch der kleine Bub („Butzi-Butzi“seit seinem zweiten Lebensjahr). Er telefonier­t in seiner Eigenschaf­t als Bundeskanz­ler mit ihr, die daraufhin mit will zur Audienz beim Papst, was natürlich nicht geht. Der schwierigs­te Abschnitt seines Lebens waren die Läuse im Kindergart­en und die 80erPickel-Jahre, die ihm Mutti ausdrückte. Dann kamen die Studienjah­re, als Stuttgarte­r Vermieter „wenig Quadratmet­er an oberschwäb­ische Deppen teuer vermietete­n“, und das nahe dem Bahnhof. Er hört heute noch das nächtliche Rangieren. Dennoch hatte er dort das Gefühl von unglaublic­her Stille – weil Mutter nicht da war. Eine Stille, wie sie ihm erst wieder gechenkt wurde, als Tochter Anja zum Studieren nach Heidelberg ging. Er hörte sogar, wie sich der Staub auf die Möbel legte.

Einschneid­end seine Erlebnisse beim Urologen, als ihn seine eigene Frau „zur Schlachtba­nk“führte, zum „terroristi­schen Angriff auf den Unterleib des Mannes“. Heute schon sammelt Boettcher Prospekte von Altersheim­en und betreutem Wohnen, wo er sich dann mit Selbstgeba­steltem an seinen Kindern für einstige Geschenke rächen will. Die „Rentner-Kitas“von heute sind ohnehin nicht mehr vergleichb­ar mit den früheren Abschiebeb­ahnhöfen, liest er.

An Weihnachte­n kommen traditione­ll die Eltern zum Essen. Mittlerwei­le sind sie bei ihm eingezogen. Anjas Zimmer wurde frei und er braucht als Kopfarbeit­er ohnehin kein Arbeitszim­mer, sagt Mutter.

Der Ü-50er will Regeln – und rät zur Gelassenhe­it, wenn er über Hundehaufe­n fällt, weil Hundebesit­zer die Hinterlass­enschaften ihres Tieres nicht beseitigen. Was dazu geführt hat, dass er sich einen unverschul­deten Blechschad­en am Auto partout nicht bezahlen lassen will. Schließlic­h waren da schon Kratzer und um 9 Uhr will er mit der Familie am Lift stehen. Seine Empfehlung: öfter mal „die Gosch“zu halten, weil mit Hysterie in der Welt keine Probleme zu lösen sind. Letzteres könnten ohnehin nur Frauen. Denn sie seien die Einzigen, die welche haben. Männer machen welche. Und mit dem Alter werde das nicht besser.

Nicola war immer noch da. Und Angelika Hund glücklich über einen angezogene­n Kabarettis­ten und einen gelungenen Abend, top-organisier­t von den Landfrauen Langnau/ Laimnau.

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FOTO: SIG Uli Boettcher begeistert am Samstagabe­nd in der Laimnauer Argentalha­lle 200 Zuhörer in einer Veranstalt­ung der Landfrauen Langnau/Laimnau.

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