Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Josef Schmid will Wasserburger Rat verlassen
Nichtöffentliche Sitzung eskaliert – Streitthemen sind Seekrone und Werft
WASSERBURG - Noch bevor die öffentliche Gemeinderatssitzung am Dienstagabend begonnen hat, stürmen die beiden Gemeinderäte Maximilian Schmidt (CSU) und Josef Schmid (FB) aus dem Wasserburger Rathaus. Beide wirken aufgebracht: „Der verarscht uns doch nur“, ruft Josef Schmid. Damit gemeint ist offenbar Bürgermeister Thomas Kleinschmidt. Zuvor hatte eine nichtöffentliche Sitzung zum Thema Seekrone stattgefunden, die eskaliert sein muss. Für Josef Schmid war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. „Ich überlege, aus dem Gemeinderat auszutreten“, sagt er zwei Tage nach der Sitzung.
Was genau in der nichtöffentlichen Sitzung zur Seekrone passiert ist, darüber darf und will Josef Schmid nicht reden. Er fasst sich allgemein: „Es gibt einfach keine konstruktive Zusammenarbeit zwischen dem Bürgermeister und dem Gemeinderat. Sei es bei der Halbinselsanierung, der Mole oder der Seekrone.“
Außerdem bemängelt Schmid, dass den Räten oft die nötigen Informationen fehlten, um sich ausreichend auf eine Sitzung vorzubereiten. „In jeder Sitzung gibt es Ungereimtheiten, wo man als Gemeinderat als Depp hingestellt wird.“So habe er vor der vergangenen Sitzung, in der es unter anderem um die Umwidmung des Werftwegs ging, wissen wollen, wer die Besitzer der angrenzenden Flurnummern seien. Diese Auskunft habe er aber nicht bekommen. „Es hat geheißen, das sei Chefsache“, erzählt er. Ohne die nötigen Unterlagen könne er aber nicht selbstständig entscheiden.
Laut Bürgermeister Thomas Kleinschmidt bezieht sich der Informationsanspruch der Räte lediglich auf formelle und materielle Inhalte der verschiedenen Sitzungspunkte. „Daher ist zur Entscheidungsfindung des Gemeinderats – wie bereits erwähnt, um sein pflichtgemäßes Ermessen ausüben zu können – keine Kenntnis zu den Eigentumsverhältnissen notwendig“, schreibt er auf Anfrage.
Im Übrigen bestünde Auskunftsund Akteneinsicht nur dem Gemeinderat als solchem zu, nicht dem einzelnen Mitglied. „Die Mitarbeiter der Verwaltung würden ohnehin nicht selbstständig hierzu Auskunft erteilen, sondern dies an den Ersten Bürgermeister weiterleiten. Mir ist eine solche Anfrage eines Gemeinderats nicht weitergeleitet oder mitgeteilt worden“, so Kleinschmidt weiter. „Mein Kenntnisstand ist, dass ein Gemeinderat einen Lageplan zum TOP wollte. Diesem Gemeinderat wurde mitgeteilt, dass bereits zu den Unterlagen der Sitzung vom 10.10.2017 Pläne beigelegen sind und man auf diese zurückgreifen kann.“Die Vorlagen für die Sitzungen, die immer dienstags stattfinden, bekommen die Räte freitags. „Sie sind so formuliert, dass man sie nicht verstehen kann, wenn man kein Jurastudium hat“, bemängelt Schmid. „In der Sitzung werden wir dann unter Druck gesetzt, schnell abzustimmen, weil alles schnell gehen muss.“
Bauchweh vor jeder Gemeinderatssitzung
Mittlerweile hat Schmid, so sagt er, Bauchweh vor jeder Gemeinderatssitzung. „Ich bekomme den Kopf nicht mehr frei.“Ihn störe es auch, dass der Rat innerhalb der Gemeinde mittlerweile einen schlechten Ruf habe. „Und dass keine 40 Leute bei der Bürgerversammlung waren, das ist doch beschämend.“
Dass die Stimmung zwischen Bürgermeister Kleinschmidt und einigen Räten nicht besonders gut ist, wurde schon im vergangenen Jahr deutlich. Bereits kurz nach der Wiederwahl Kleinschmidts waren Thomas Baumgartner und Martin Gutensohn zurückgetreten, die diesen Schritt vor der Wahl angekündigt hatten, sollte Kleinschmidt diese wieder gewinnen. Es folgte Tobias Holinski, der private Gründe für seinen Rücktritt angegeben hatte und Dorothea Böttger. Als Grund für ihren Rücktritt hatte sie unter anderem die Verstrickungen des Bürgermeisters in Sachen Werft angegeben. Es habe immer wieder Überschneidungen zwischen Privatem und dem Amt des Bürgermeisters gegeben, sagte sie damals. Das Fass zum Überlaufen gebracht habe für sie, dass am „Werftweg“plötzlich ein Fußgängerschild angebracht wurde. Und das, obwohl der Gemeinderat kurz vorher beschlossen hatte, den Weg für Anlieger freizugeben. Auch Schmid bemängelt das Verhalten Kleinschmidts in Sachen ehemalige Prechtl-Werft.
Für ihn steht fest, dass Kleinschmidt selbst das Fußgängerschild damals aufgestellt hat, um sich als Anlieger einen Vorteil zu verschaffen. Noch ist sich Schmid nicht ganz sicher, ob er den Gemeinderat tatsächlich verlassen möchte. Immerhin ist er erst seit etwa einem halben Jahr im Amt, er ist Tobias Holinski nachgefolgt.
„Als Gemeinderat hat man aus meiner Sicht auch eine gesellschaftliche Verantwortung“, so Schmid. Sollte er den Wasserburger Gemeinderat verlassen, dann bliebe seine Stelle unbesetzt. Denn die Liste der Freien Bürger ist leer.