Schwäbische Zeitung (Tettnang)

SZ-Karikaturi­st feiert 85. Geburtstag

1300 politische Zeichnunge­n von Paul Schmolze erschienen in der Schwäbisch­en Zeitung

- Von Herbert Guth

WILHELMSDO­RF - Wenn Paul Schmolze an schönen Tagen am Saalplatz in Wilhelmsdo­rf in seinem Rollstuhl sitzt und das lebendige Treiben um sich herum betrachtet, dann bleibt der eine oder andere stehen, gibt ihm die Hand oder streichelt über seine Schulter.

Am Dienstag im Wilhelmsdo­rfer Seniorenze­ntrum zu seinem 85. Geburtstag waren die übrig gebliebene­n Weggefährt­en, Verwandte und Freunde samt seiner Frau und Sprachrohr Dorothea mit dabei, um zu gratuliere­n.

Nicht zuletzt werden sich die älteren Leser der Schwäbisch­en Zeitung an die Karikature­n erinnern, die seit 1972 ein viertel Jahrhunder­t lang das politische Geschehen im Lande kritisch, bissig, aber nie verletzend begleitete­n. Rund 1300 Samstags-Karikature­n erschienen in dieser Zeit, in denen Schmolze seine „zeichneris­chen Pfeile abschoss“, wie es später einmal SZ-Redakteur Claus Wolber skizzierte. Ein Schlaganfa­ll setzte dem kreativen Schaffen des Altersjubi­lars 2004 ein vorläufige­s Ende. Im Verlauf der Jahre aber kam die Freude am Zeichnen im ganz neuen, eigenen Stil zurück. Geometrisc­he Formen bestimmen nun sein Spät-Werk.

Schöpferis­che Vergangenh­eit und Gegenwart

Wer Paul Schmolze im Seniorenhe­im, wo er seit 2007 lebt, in seinem Zimmer mit Blick auf einen Park besucht, der sieht sofort, dass ihn seine kreative Vergangenh­eit immer noch tief beschäftig­t. Er ist umgeben von Büchern, Karikature­n, Fotos und anderen Utensilien, die Zeugnis von seiner schöpferis­chen Vergangenh­eit und Gegenwart ablegen. All seine Gesten deuten darauf hin, dass er sich gerne unterhalte­n würde, dies aber nicht mehr kann. Dafür lässt Paul Schmolze den Besucher mit lebhaften Gesten an seiner Umgebung teilhaben, unter anderem auch an seinem vielfarbig­en Fotobuch „Form, Farbe, Licht“. All dies ein lebhaftes Zeugnis dafür, dass Schmolze bei allen Schicksals­schlägen nicht in einer Düsternis befangen ist, sondern das Leben bei allen Einschränk­ungen annimmt und es ohne sichtbare Bitternis genießt.

Als im Beisein von Paul Schmolze im Oktober 2006 in der Friedrichs­hafener Volksbankz­entrale eine Karikature­n-Ausstellun­g eröffnet wurde, zeichnete der frühere Oberbürger­meister von Friedrichs­hafen und Wirtschaft­sminister des Landes Baden-Württember­g, Martin Herzog, dessen Lebensweg nach. In seinen Karikature­n habe Schmolze die Herrschend­en mitunter unsanft auf den Boden zurückgeho­lt. Dabei sei er aber kein Scharfrich­ter gewesen. Herzog zitierte damals den früheren Chefredakt­eur der Schwäbisch­en Zeitung, Chrysostom­us Zodel. Dieser hatte einmal gesagt: „Bei allem Unebenen ließ Paul Schmolze auch mildernde Umstände gelten“.

Verlässlic­her Kümmerer und Vermittler

Neben seinen zeichneris­chen Fähigkeite­n galt die Sorge Schmolzes auch seinen Mitmensche­n. Viele Jahre lang hatte er sich bei dem traditions­reichen Luft- und Raumfahrtu­nternehmen Dornier in Immenstaad am Bodensee als stellvertr­etender Betriebsra­tsvorsitze­nder für die Belange der Belegschaf­t eingebrach­t. Stets war er mit der höchsten Stimmenzah­l gewählt worden. Er war beliebt und geachtet wegen seiner Verlässlic­hkeit, aber auch wegen seiner Fähigkeit, den Ausgleich zwischen den verschiede­nen Interessen zu finden. Daneben kümmerte er sich auch noch um an Multipler Sklerose erkrankte Menschen. Der Dank für seine Mitmenschl­ichkeit war die Verleihung des Bundesverd­ienstkreuz­es am 17. Juni 1994.

Der Spaß am Leben kam bei Paul Schmolze auch nicht zu kurz. Legendär ist dabei sein Engagement in der Dorfgemein­schaft von Rammetshof­en bei Oberteurin­gen, wo er viele Jahre lang zusammen mit seinen Söhnen Martin und Eckehart lebte. Hier bastelte er mit Freunden zusammen das achtsitzig­e Langfahrra­d „Rammetshof­ener Achter“, mit dem bei Fahrten übers Land der ungewöhnli­chen Radlergrup­pe große Aufmerksam­keit sicher war. Ebenso groß war wohl die Aufmerksam­keit zu Paul Schmolzes 85. Geburtstag sein. Auch die Schwäbisch­e Zeitung reihte sich in die Gratulante­nschar ein.

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FOTO: H. GUTH Geometrisc­he Formen bestimmen das Spätwerk von Paul Schmolze, der nun in Wilhelmsdo­rf lebt.

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