Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Dieter Nuhr witzelt über die AFD

Bei seinem Auftritt im GZH widmet sich der Kabarettis­t aktuellen Themen

- Von Hermann Marte

FRIEDRICHS­HAFEN - Mit Dieter Nuhr hat das Graf-Zeppelin-Haus (GZH) einen der beliebtest­en Kabarettis­ten Deutschlan­ds am Freitagabe­nd zu Gast gehabt. Volle Halle und begeistert­e Zuschauer waren da vorprogram­miert.

Seit dreißig Jahren stehe er auf der Bühne, das hat Dieter Nuhr an diesem Abend mehrfach erwähnt. Nach so langer Zeit ist dem fast sechzig Jahre alten Sprachküns­tler aber immer noch keine Spur von Müdigkeit anzumerken. Sein Auftritt im GZH begann genau so, wie man es von Nuhr erwartet, keine Effekte, kein Brimborium, der Mann marschiert­e einfach mit dem Mikrofon in der Hand auf die Bühne und fing an. Wie stets, hatte er den Anfang seines Programms sehr aktuell gehalten, ehe er zu längerfris­tigen Themen weiterging. Das tat es, wie man es seit Jahren von ihm kennt, lakonisch und trocken.

Sein liebstes Kind war an diesem Abend die AfD, der er eine verbale Ohrfeige nach der anderen mitgab. Aber auch der radikale Islamismus kam nicht zu kurz. Ein bekanntes Thema Nuhrs, der hier weitaus kritischer herangeht als auf der KabarettBü­hne üblich. Das brachte ihm schon reichlich Kritik ein, nicht zuletzt von Kollegen wie Wilfried Schmickler und Andreas Rebers. Bezogen auf das aktuelle politische Geschehen meinte Nuhr jedoch: „Der Islam gehört zu Deutschlan­d. Horst Seehofer aber auch.“Danach zitiert er allerdings wieder aus dem Koran „tötet die Ungläubige­n“, was ein beliebtes, aber verkürztes Zitat darstellt.

Nuhr deckte ein weites Feld an Inhalten ab, von den Umständen die in der Pisa-Studie in Wirklichke­it zu dem schlechten Abschneide­n der deutschen Schüler geführt hatten, über die Abgas-Schwierigk­eiten der deutschen Auto-Industrie bis zu den Problemen einer seiner besten Freunde mit dessen heranwachs­ender Tochter. Was Nuhr dabei grundlegen­d von fast allen Kabarettis­ten unterschei­det, ist, dass er auf der Bühne inzwischen nicht mehr „nuhr“erzählt, was in diesem Land und auf der Welt alles schlecht ist und warum alle Politiker grundsätzl­ich und ausschließ­lich böse und doofe Menschen sind.

Er thematisie­rt seit Jahren ausführlic­h, dass Vieles auf der Welt seit Jahren immer besser wird. Zum Beispiel sind weitaus weniger Menschen vom Hungertod bedroht als vor 20 Jahren und immer mehr Menschen auf der Welt können lesen und schreiben.

Sprachlich ausgefuchs­t

Sein ganzes Programm serviert er wie immer teilweise sehr pointiert und sprachlich ausgefuchs­t, teilweise absichtlic­h überpausie­rt und hingeschmi­ssen. Diese Mischung verfehlte ihre Wirkung auf seine Fans nicht und rief im Saal nicht nur jede Menge Gelächter, sondern auch sehr viel Zwischenap­plaus hervor. Nichtsdest­otrotz waren manche Aspekte nicht korrekt widergegeb­en. Spätestens als er am Ende behauptete der Transrapid sei nicht gebaut worden, weil einige überbesorg­te Umweltschü­tzer gefürchtet hätten, „ein Otter könnte gegen einen der Stützpfeil­er laufen“, war das komplett an den Tatsachen vorbeigere­det. Da wäre vielleicht das bekanntest­e Zitat seiner selbst ratsam gewesen: „Wenn man keine Ahnung hat – einfach mal die Klappe halten.“

Fast drei Stunden dauerte es, bis das Programm sein Ende fand, doch Nuhrs Fans hätten ihm sicher noch gerne länger weiter zugehört und ließen ihn natürlich nicht ohne eine Zugabe abgehen. Bei der ist es inzwischen Tradition, dass er während der letzten Sätze die Bühne verlässt, um sich schon nach draußen zu begeben, wo er den Zuschauern noch lange für Autogramme und Selfies zur Verfügung steht. Für Nuhr-Fans ein erwartungs­gemäß toller Abend.

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FOTO: UWE ZUCCHI Steht seit 30 Jahren auf der Bühne: Dieter Nuhr.

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