Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Rennfahrer“verurteilt
Trio wegen uneidlicher Falschaussage vor Gericht
FRIEDRICHSHAFEN (sig) - Es war in der Nacht zum 26. August 2016, als drei junge Männer aus Friedrichshafen auf der Bundesstraße 308 bei Weiler-Simmerberg in einem 5erBMW in Richtung Oberstaufen unterwegs waren. Dabei soll der Fahrer trotz Gegenverkehrs einen vorausfahrenden Wagen überholt, geschnitten und den Überholten dann auch noch zum Abbremsen bis zum Stillstand gezwungen haben. Der Fall wurde am Montag vor Gericht verhandelt.
Nach diesem Überholmanöver sollen sie weiter gefahren sein, um sich zu einem „Rennen“bei der „Paradies“-Kurve – so der Genötigte im Zeugenstand – formiert haben.
In der Hauptverhandlung im Mai vergangenen Jahres im Neuen Schloss in Tettnang musste sich das Trio wegen Gefährdung des Straßenverkehrs verantworten. Den Vorwurf bestritten sie und beschuldigten vielmehr den Genötigten, während ihres Überholvorganges Gas gegeben und nach ihrem Überholmanöver nicht angehalten zu haben, wie Letzterer am Montag vor dem Amtsgericht wiederholte. Jetzt standen die Drei wegen falscher uneidlicher Aussage vor dem Richter, der ihnen vorwarf, sich abgesprochen zu haben. Zu der vorgebrachten Anschuldigung wollten sie sich indes nicht äußern.
Richter auf der Zeugenbank
Das erlebt man nicht oft: Zunächst Richter Martin Hussels-Eichhorn, Vorsitzender der Hauptverhandlung im vergangenen Jahr, anschließend der Staatsanwalt vom Mai 2017, Jörg Bogenrieder, mussten in den Zeugenstand. Hussels berichtete dabei von der „detailliert und ohne Belastungseifer“geschilderten Aussage des Überholten und massiven Anhaltspunkten für den Tatvorwurf. Was Verteidiger Dieter Franke so nicht stehen lassen wollte. Er sprach von einer „aufgeheizten“Stimmung und einem „rauen Ton“in der damaligen Hauptverhandlung und bat den Richter auch am Montag, er solle „herunter fahren“.
Ungereimtheiten sah Franke bei der Geschwindigkeits-Einschätzung. Er äußerte die Vermutung, es habe eine Vorbewertung vor der Hauptverhandlung stattgefunden. Dem widersprach Martin HusselsEichhorn energisch und erinnerte an seine seit 17 Jahren praktizierte Erfahrung als Aussagepsychologe im In- und Ausland.
Jörg Bogenrieder, in der Hauptverhandlung Staatsanwalt, erinnerte sich an „deutlich spürbare“Absprachen der zwei damaligen Zeugen und des Angeklagten in der Hauptverhandlung. Für sein „gleichgültiges Fahrverhalten“wurde der Fahrer damals zu einer Geldstrafe und dem Entzug der Fahrerlaubnis verurteilt.
Der damals Überholte berichtete am Montag im Zeugenstand von dem Überholmanöver und schilderte, wie er anschließend den mit 215 PS ausgestatteten 5er-BMW und ein weiteres Fahrzeug beobachtete, die sich bei der „Paradies“-Kurve der B 308 zum Rennen aufstellten (auch auf der Gegenfahrbahn) und „sportlich“losfuhren.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft sah die Anklage bestätigt. Der Geschädigte sei auch jetzt glaubwürdig. Was Verteidiger Dieter Franke für seinen Mandanten nicht so stehen lassen wollte. Der Tatvorwurf habe sich nicht bestätigt, sagte er und bezweifelt den Vorwurf der „abgesprochenen Aussage“, sprach von einer falschen Aussage des Richters in der Hauptverhandlung. „Was sei dann erst von einem Laien zu erwarten“? Richter und Staatsanwalt haben damals zeigen wollen „wo der Hammer hängt“, warf er ihnen vor. Franke, wie auch seine Verteidiger-Kollegen Claus Weber („Der Richter war damals voreingenommen“) und Susanne Feldmann plädierten auf Freispruch für ihre Mandanten.
Das sah Richter Christian Pfuhl anders: Er zeigte sich überzeugt von einem gefährlichen Überholvorgang und glaubt dem Überholten. Er verurteilte den Fahrer wegen uneidlicher Falschaussage und versuchter Strafvereitelung (der wollte ursprünglich seinen Bruder als Fahrer vorschieben) zu 60 ehrenamtlichen Arbeitsstunden und seine zwei Mitangeklagten zu Geldstrafen von 400 beziehungsweise 500 Euro, zu zahlen an die Staatskasse.