Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Sandkiste im Atlantik
Die portugiesische Insel Porto Santo wird gerne als kleine Schwester Madeiras bezeichnet
ILA BALEIRA (dpa) - „Ilha Dourada“– „Goldene Insel“wird das kleine Eiland mit dem großen Sandstrand nahe Madeira auch genannt. Vor genau 600 Jahren entdeckten portugiesische Seefahrer Porto Santo. Die 5500 Bewohner bewahren ihre Eigenständigkeit und leben fernab aller Hektik.
Eine alte Schmiede, historische Weinpressen und ein Ochsenkarren mit Holzrädern: Hunderte Gegenstände hat José Cardina Melim in seinem Privatmuseum auf der Insel Porto Santo zusammengetragen. „Damit soll ein Stück Geschichte unserer Insel bewahrt werden“, sagt der 56-jährige Hafenarbeiter. Außerdem hat der findige Handwerker die für das Eiland so typischen Getreidemühlen als Modell nachgebaut. Früher gab es etwa 40 Mühlen auf der Insel, geblieben sind nur wenige: Drei strecken ihre Flügel am windigen Aussichtspunkt Portela in den blauen Himmel.
Bettenburgen Fehlanzeige
Altes bewahren, den Charakter der portugiesischen Insel erhalten – Stichworte, die in Gesprächen mit Bewohnern von Porto Santo immer wieder fallen. Auf der Insel gibt es keine protzigen Hotelburgen. Fehlanzeige, niemand darf höher als drei Stockwerke bauen. Ausnahme: Die neun Etagen des kastenartigen Hotels „Vila Baleira“. Eine einmalige Bausünde aus vergangenen Zeiten. Heute fügen sich die Strandhotels zumeist in grüne Parkanlagen mit sanft wehenden Palmen ein. Diese Hotels weisen insgesamt 2200 Gästebetten aus, dazu kommen mehrere Hundert private Ferienhäuser und Wohnungen. Sie sind verstreut über die gerade mal elf Kilometer lange und sechs Kilometer breite Atlantikinsel, eineinhalb Flugstunden von Lissabon entfernt.
Vor etwa 14 Millionen Jahren entstand die Insel, dessen vulkanische Ursprünge am Berghang des Pico de Ana Ferreira sichtbar werden. Vor Urzeiten sprudelte hier die glühend heiße Lava zu Tage. Später erkaltete die Masse und hinterließ eigentümliche Steinsäulen.
Porto Santo wird auch als Madeiras kleine Schwester bezeichnet. Geschwister, deren Landschaftsbild kaum kontrastreicher sein könnte. Während die Blumeninsel Madeira in üppigem Grün schwelgt, zeigt das etwa 42 Kilometer nordöstlich liegende Port Santo karge Felsformationen ohne nennenswerten Baumbestand. Sobald die Sonne auf die kahlen Berge scheint, schimmern die felsigen Steilhänge in Gelbgold. „Wir nennen unser kleines Paradies deshalb auch Ilha Dourada, die Goldinsel“, erläutert die 32-jährige Sofia Santos, die Urlauber im Jeep auf holprigen Steinpisten zu den Steilküsten mit spektakulären Aussichtsplätzen kutschiert.
Ilha Dourada – das trifft besonders gut zu auf den goldgelben Sandstrand, weshalb die meisten Urlauber als Badegäste auf die Vulkaninsel reisen. Er zählt zu Europas größten Sandkisten. Neun Kilometer lang und bis zu 50 Meter breit zieht sich der Campo de Baixo entlang der Südküste. An Tagen ohne Badewetter ist eine Strandwanderung bis zur Felsenspitze von Calheta mit dem Blick hinüber auf die für Menschen gesperrte Naturschutzinsel Ilheu de Baixo ou da Cal eine Alternative.
Kolumbus lebte hier
Die meisten der 5500 Insulaner sind im beschaulichen Hauptort Vila Baleira zu Hause. Hier hatte sich einst auch der berühmteste Einwohner niedergelassen: Christoph Kolumbus lebte vor über 500 Jahren auf Porto Santo. 1479 heiratete der Genueser Seefahrer hier Dona Filipa de Perestrelo e Moniz, die Tochter des Inselgouverneurs. Versteckt hinter der schneeweißen Pfarrkirche Nossa Senhora da Piedade liegt das kleine Anwesen, in dem der Entdecker gewohnt haben soll. Gesichert ist das nicht, doch jedenfalls stammt das Gebäude aus dem 15. Jahrhundert. Es beherbergt das Kolumbus-Museum.
Hochsaison herrscht auf Porto Santo in den Monaten Juni bis August. Die Insel gilt als beliebtes Ferienziel bei den Portugiesen selbst, die vom Festland und von der nahezu strandlosen Nachbarinsel Madeira anreisen. Tausende Urlauber tummeln sich am Badestrand. Während der wenigen Wochen ist es mit der viel gepriesenen Ruhe vorbei, oder? Diese Frage möchte Reiseleiterin Sofia Santos umgehen und antwortet: „Wir möchten keinen Massentourismus das ganze Jahr über. Natur und Ruhe, das ist uns wichtig.“
Wanderungen auf den markanten Pico de Castelo, mit 437 Metern eine der höchsten Erhebungen der Insel, sind die Alternative zum Trubel am Badestrand. Verschiedene Wanderrouten führen in das raue Gebiet um den markanten Bergkegel. Jedoch ist keine der steinigen Strecken ausgeschildert, eine genaue Wanderkarte gibt es nicht.
Der Tourismus kam erst spät auf die Insel: Im Juli 1960 landete erstmals eine Linienmaschine der portugiesischen Fluggesellschaft TAP auf dem großzügig ausgebauten Flughafen mit der drei Kilometer langen Start- und Landepiste. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Airport wichtiger Nato-Stützpunkt und für die Zivilluftfahrt gesperrt. Urlauber mussten von Lissabon aus bis Madeira fliegen und von dort mit dem Fährschiff übersetzen.
Im Sommer gibt es Charterflüge ab Düsseldorf und Frankfurt direkt nach Porto Santo. Eine Alternative sind Direktflüge von Deutschland nach Funchal auf Madeira. Von dort mit dem Fährschiff nach Porto Santo oder mit dem Flugzeug von Funchal nach Porto Santo
Weitere Informationen: Direção Regional do Turismo, Funchal (Madeira), Tel.: 00351/291211900, Internet: www.visitportosanto.pt, E-Mail: info.sretc@madeira.gov.pt