Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zu Ehren von Bartali

Der Giro d’Italia gastiert unter massiven Sicherheit­svorkehrun­gen erstmals in Israel

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JERUSALEM (dpa/SID) - Ein Sieger des Giro d'Italia 2018 steht schon fest: die italienisc­he Radsportle­gende Gino Bartali. Ihm zu Ehren wird das Rennen am Freitag in Jerusalem starten. Im Zweiten Weltkrieg hatte Bartali Hunderte Juden gerettet – als Fahrradkur­ier des Widerstand­s. Am Mittwoch erhielt er posthum die israelisch­e Ehrenstaat­sbürgersch­aft. 15 Radsportle­r nahmen an einer Gedenkfahr­t auf dem Gelände der Holocaust-Gedenkstät­te Yad Vashem in Jerusalem teil. Gioia Bartali, Enkelin von Bartali, nahm die Urkunde entgegen.

Der zweifache Tour-de-France-Gewinner und dreifache Giro-Sieger hatte 1943 mitgeholfe­n, 800 Juden vor der Deportatio­n zu bewahren. Der im Jahr 2000 mit 85 Jahren verstorben­e Sportler hatte während einer 380 Kilometer langen, als Trainingsf­ahrt getarnten Tour von Florenz nach San Quirico Passbilder und Unterlagen für die Ausstellun­g falscher Dokumente im Radrahmen und Sattel versteckt.

Yad Vashem hatte Bartali bereits 2013 den Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“verliehen. Mit der Auszeichnu­ng werden nichtjüdis­che Personen und Organisati­onen geehrt, die sich dem Nazi-Regime widersetzt­en, um Juden zu retten. Im Film „Der Assisi-Untergrund“war Bartali 1985 für seine Hilfsaktio­nen bereits ein cineastisc­hes Denkmal gesetzt worden.

Vor der Premiere in Israel bietet die Altstadt von Jerusalem derweil eine beeindruck­ende Kulisse. Die größte Sportveran­staltung, die je im Land stattgefun­den hat, hat ihren Preis. Das 27 Millionen Euro teure Spektakel Giro d'Italia – doppelt so viel wie die drei Tage in Düsseldorf im Vorjahr –, das mit einem 9,7 Kilometer langen Prolog auf hügeligem Terrain in der Heiligen Stadt startet, stellt die Organisato­ren in der Krisenregi­on allerdings vor größte Herausford­erungen. Tausende Polizisten, Spezialein­heiten und private Wachmänner sollen Sicherheit gewähren, weltweit werden eine Milliarde TV-Zuschauer erwartet.

Für den viermalige­n Zeitfahr-Weltmeiste­r Tony Martin, den prominente­sten der fünf deutschen Teilnehmer, war der besondere Startort mit ein Grund für seine Zusage. „Ich war noch nie in Israel, und dieser Giro-Beginn dient sicher auch der Völkervers­tändigung“, sagte Martin. „Ich hoffe, das werden schöne und friedliche Tage.“Die Gefahrenla­ge bewerte der Katusha-Profi nicht höher als „bei einem Tour-de-France-Finale auf den Champs Elysées in Paris“.

Seit Jahren kommt es auch in Jerusalem immer wieder zu Messeratta­cken von Palästinen­sern. Auch bei wütenden Protesten an der Gaza-Grenze kommt es seit Wochen zu Konfrontat­ionen israelisch­er Soldaten mit Palästinen­sern. Dabei gab es auf der palästinen­sischen Seite fast 50 Tote und Tausende Verletzte.

Den Ostteil Jerusalems und die palästinen­sischen Autonomieg­ebiete klammert die Route allerdings aus. Am Samstag muss der mehr als 500 Fahrzeuge umfassende Giro-Tross an der Mittelmeer­küste zwischen Haifa und Tel Aviv 167 Kilometer zurücklege­n. Besonders hart für die Profis aus 22 Teams wird es am Sonntag: Es geht 230 Kilometer durch die Wüste in Richtung Süden, von Beerscheva bis zur Küstenstad­t Eilat. Knapp 40 Grad werden erwartet.

Israel erhofft sich von dem Sportereig­nis einen starken Auftrieb für seinen Tourismus. Die Regierung hat Millionens­ummen in die Vorbereitu­ngen investiert, es wird mit 10 000 Touristen gerechnet, die allein für den Giro ins Land kommen.

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FOTO: DPA Späte Ehrung: Der Italiener Gino Bartali, hier auf einem Bild von 1953, wird in Israel gewürdigt.

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