Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kapelle wird nach Sanierung gesegnet

Geschichte der St.-Georgs-Kapelle: Station und Ankerplatz an Lebenswege­n und Pilgerpfad­en

- Von Gisbert Hoffmann

TETTNANG - Die katholisch­e Kirchengem­einde Tettnang hat ihre St. Georgs-Kapelle saniert, schon bald feiert sie die Einweihung. Das Gebäude gegenüber des Rathauses hat eine lange Geschichte und wurde in dieser Zeit vielseitig genutzt.

Man hat den Eindruck, dass am Montfortpl­atz die repräsenta­tiven Fassaden der St. Georgs-Kapelle die Schau stehlen. Erst beim zweiten Hinsehen entdeckt man an Tettnangs „Paradeplat­z“das eher schlichte Gotteshaus, das auf den Grundmauer­n einer Vorgängerk­apelle errichtet worden ist.

Erstmals wurde der Vorgängerb­au von St. Georg im Jahr 1416 erwähnt. Da der Grundstein für die St.Gallus-Kirche erst 1467 gesetzt wurde – damals außerhalb der Stadtgrenz­en –, geht man davon aus, dass die Georgs-Kapelle die ursprüngli­che Pfarrkirch­e der Stadt war und dann bis zur Erbauung des Neuen Schlosses den Grafen von Montfort als Hofoder Burgkapell­e gedient hat.

Bei der weitgehend­en Zerstörung von Tettnang im Dreißigjäh­rigen Krieg blieb auch St. Georg nicht verschont. Graf Johann X. ließ 1667 das Alte Schloss, das heutige Rathaus, errichten und anschließe­nd die inzwischen baufällige Kapelle vor seiner Residenz erneuern. Er beauftragt­e den Maurermeis­ter Heinrich Bader aus Lingenau im Bregenzer Wald mit dem Bau. Die bescheiden­e Barockkape­lle mit Kreuznahtg­ewölbe wurde 1682 fertiggest­ellt. Als 1828 die Kapelle im Neuen Schloss profaniert wurde, kamen Hochaltar, Seitenaltä­re und Kanzel in die Georgs-Kapelle. Der Hochaltar wird dem bekannten Mimmenhaus­er Künstler Josef Anton Feuchtmaye­r zugeschrie­ben. Die Seitenaltä­re wurden 1876 durch zwei neugotisch­e Altäre ersetzt, der linke mit einer Figur des Heiligen Georg von Carl Meintel aus Horb, der rechte vom Tettnanger Altarbauer Carl Reihing mit dem Heiligen Gebhard. Der Kanzelkorb kam im gleichen Jahr nach Friedrichs­hafen ins Museum, wo er 1944 den Bomben zum Opfer fiel.

Täglich Gottesdien­st

Als in den Jahren 1858 bis 1860 die Pfarrkirch­e St. Gallus neu erbaut wurde, übernahm die Georgs-Kapelle vorübergeh­end deren Funktion. In den Nischen beiderseit­s des Chorbogens befanden sich die Beichtstüh­le. Auch in der Folgezeit hatte St. Georg in Tettnang, der „Stadt der Schlösser und Kapellen“, eine bevorzugte Bedeutung. Täglich wurde Gottesdien­st abgehalten und Kinder mussten regelmäßig „d’Schulermes­s“besuchen. Hinter der Kapelle befand sich bis etwa 1960 ein Haus, in dem der jeweilige Mesmer wohnte.

Eine grundlegen­de Renovierun­g gab es 1932, eine weitere folgte 1965. Dabei wurden die neugotisch­en Seitenaltä­re beseitigt, durch einfache Altarplatt­en ersetzt und außen der brüchige Putz, der noch einen Tarnanstri­ch von 1939 aufwies, ersetzt. Die Kapelle erhielt ein neues Dach, neue Türen mit Einfassung­en und neue Fenster. Auch die Kastanienb­äume an der Südostseit­e mussten weichen, da ihr Wurzelwerk Kanalnetz und Mauerwerk angriff.

In einer Sturmnacht im Juni 1999 wurde der Dachreiter so stark beschädigt, dass eine größere Reparatur notwendig war. Turmgesims, Firsthaube, Glockenstu­hlschwelle und Schindelve­rkleidung mussten ausgebesse­rt werden. Gleichzeit­ig bekam der Turmfuß neue Blechverwa­hrungen und das Turmkreuz einen neuen Blattgold-Überzug.

Nach der jetzt abgeschlos­senen Sanierung soll das kleine Gotteshaus hauptsächl­ich als Hochzeits- und Taufkapell­e genutzt werden, so der Plan der Kirchengem­einde. Die bisher leerstehen­den Räume im Chorumgang sind zu einer Pilgerherb­erge ausgebaut worden. St. Georg, die „Kirche am Weg“, wird damit Station und Ankerplatz sowohl am Lebensweg als auch an den Pilgerpfad­en.

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FOTO: GISBERT HOFFMANN Das sogenannte Uhrenbild von 1818 zeigt im Zentrum die St.-GeorgsKape­lle zwischen den alten Rathaus, dem späteren, im Jahr 2006 abgebrannt­en Kreisspark­assengebäu­de (links) und dem Alten Schloss (heute Rathaus, rechts). Vor der Kapelle ist noch das...

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