Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Jakobspilgern – eine andere Form des Wanderns
Von Ravensburg her kommend auf dem Jakobusweg durch Meckenbeuren
MECKENBEUREN - Die Pilger, die sich im Pilgerbuch in der Jakobuskirche in Brochenzell eintragen, kommen vielfach aus dem näheren Umkreis, aber auch bis aus Polen und Finnland, denn die Kirche wird von einem der vielen Jakobswege berührt. Die SZ zeichnet das Stück nach, das durch die Gemeinde Meckenbeuren verläuft. Der hier vorgeschlagene leichte Pilgerweg folgt ihm von Brochenzell bis kurz vor Gut Kaltenberg, von wo man nach Tettnang und unterhalb vom Schloss auf Landwirtschaftswegen durch Felder und Wiesen zurückwandern kann.
Zuvor aber ein Blick in die Geschichte der Jakobuswallfahrt. Die Legende erzählt, dass der Leichnam von Jakobus, des ersten Märtyrers unter den Aposteln, von seinen Jüngern nach Spanien gebracht worden sei, wo er zuvor den Glauben verkündet hatte. Im 9. Jahrhundert wurde das Grab wiederentdeckt, und schon bald setzten Jakobusverehrung und Pilgerfahrt ein, die in unserer Zeit einen neuen Boom erleben.
Der Grund dafür mag in einer Sehnsucht des heutigen Menschen nach Entschleunigung, nach Natürlichkeit, Emotionalität und Einfachkeit liegen. Nicht jeder bricht aus religiösen Gründen auf – das ist heute nicht anders als früher, wo neben Dank und Buße auch der Strafvollzug und das Ausbrechen aus der Enge eine Rolle spielten. „Der Weg gehört allen Menschen“, sagt dazu der Tettnanger Pfarrer Rudolf Hagmann, er gehöre auch dem Sportler oder dem, der einfach die Kulturlandschaft genießen will. Doch gleich, aus welchen Gründen man aufbreche: „Der Weg holt einen ein, verändert einen.“Manche, die sich auf den Weg machten, würden nachher sagen: „Ich bin als Wanderer aufgebrochen und als Pilger angekommen.“Pilgern sei kein Weggehen, sondern ein Hingehen, hin zu den Menschen, denen man begegnet, und hin zu Gott – Pilgerschaft als Erfahrung des Unterwegsseins. Daher ist Pilgern grundsätzlich nicht eine Frage der Distanz und des berühmten Ortes, sondern in erster Linie eine Frage des Herzens. Man muss nicht nach Santiago oder Rom, es darf auch der Weg sein, der von Ravensburg her nach Brochenzell kommt und sich vor der Kirche verzweigt: über Markdorf und Meersburg nach Konstanz oder über Tettnang bis Nonnenhorn.
Auf dem Bodensee-Jubiläumsweg
Letzterem lässt sich von der Jakobuskirche in Brochenzell aus folgen, gleich neben dem prächtig renovierten Humpisschloss. Da man unterwegs das Muschelzeichen für den Jakobsweg so manches Mal vergebens sucht, kann man bis zum Gut Kaltenberg zugleich der Markierung des Bodensee-Jubiläumswegs folgen. Über die Humpisstraße und die Brochenzeller Straße geht es bald nach der Schussenbrücke rechts weg. Säntis-, Neuhalden- und Pfänderstraße führen zum Bahnhof Meckenbeuren. Nach der Unterführung wird schräg rechts in die Ernst-Lehmann-Straße eingebogen. An der evangelischen Kirche vorbei erreicht man die stark belebte Hauptstraße und überquert sie an der Ampel. Dann nach links am Kirchplatz vorbei, biegen die Wanderer in die Schulstraße und etwas später rechts in die Ludwig-RichterStraße. Kurz darauf führt der Weg links mit der Arnold-Böcklin-Straße aus Meckenbeuren hinaus.
Leicht ansteigend geht es nun auf ruhigem Feldweg durch Hopfen- und Obstanlagen. Eine Brücke führt über die Bundesstraße nach Ravensburg. Wenig später ist die K 7790, die alte Straße nach Ravensburg, erreicht, die sich queren lässt. Drüben geht es eine kleine Allee und etwas später einen Wiesenpfad hinauf zum Gut Kaltenberg, der ehemaligen Hopfenhochburg, mit herrlichem Blick über das Schussental. Rechts führt uns eine verträumte Allee zum Stadtrand von Tettnang.