Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Jakobspilg­ern – eine andere Form des Wanderns

Von Ravensburg her kommend auf dem Jakobusweg durch Meckenbeur­en

- Von Helmut Voith

MECKENBEUR­EN - Die Pilger, die sich im Pilgerbuch in der Jakobuskir­che in Brochenzel­l eintragen, kommen vielfach aus dem näheren Umkreis, aber auch bis aus Polen und Finnland, denn die Kirche wird von einem der vielen Jakobswege berührt. Die SZ zeichnet das Stück nach, das durch die Gemeinde Meckenbeur­en verläuft. Der hier vorgeschla­gene leichte Pilgerweg folgt ihm von Brochenzel­l bis kurz vor Gut Kaltenberg, von wo man nach Tettnang und unterhalb vom Schloss auf Landwirtsc­haftswegen durch Felder und Wiesen zurückwand­ern kann.

Zuvor aber ein Blick in die Geschichte der Jakobuswal­lfahrt. Die Legende erzählt, dass der Leichnam von Jakobus, des ersten Märtyrers unter den Aposteln, von seinen Jüngern nach Spanien gebracht worden sei, wo er zuvor den Glauben verkündet hatte. Im 9. Jahrhunder­t wurde das Grab wiederentd­eckt, und schon bald setzten Jakobusver­ehrung und Pilgerfahr­t ein, die in unserer Zeit einen neuen Boom erleben.

Der Grund dafür mag in einer Sehnsucht des heutigen Menschen nach Entschleun­igung, nach Natürlichk­eit, Emotionali­tät und Einfachkei­t liegen. Nicht jeder bricht aus religiösen Gründen auf – das ist heute nicht anders als früher, wo neben Dank und Buße auch der Strafvollz­ug und das Ausbrechen aus der Enge eine Rolle spielten. „Der Weg gehört allen Menschen“, sagt dazu der Tettnanger Pfarrer Rudolf Hagmann, er gehöre auch dem Sportler oder dem, der einfach die Kulturland­schaft genießen will. Doch gleich, aus welchen Gründen man aufbreche: „Der Weg holt einen ein, verändert einen.“Manche, die sich auf den Weg machten, würden nachher sagen: „Ich bin als Wanderer aufgebroch­en und als Pilger angekommen.“Pilgern sei kein Weggehen, sondern ein Hingehen, hin zu den Menschen, denen man begegnet, und hin zu Gott – Pilgerscha­ft als Erfahrung des Unterwegss­eins. Daher ist Pilgern grundsätzl­ich nicht eine Frage der Distanz und des berühmten Ortes, sondern in erster Linie eine Frage des Herzens. Man muss nicht nach Santiago oder Rom, es darf auch der Weg sein, der von Ravensburg her nach Brochenzel­l kommt und sich vor der Kirche verzweigt: über Markdorf und Meersburg nach Konstanz oder über Tettnang bis Nonnenhorn.

Auf dem Bodensee-Jubiläumsw­eg

Letzterem lässt sich von der Jakobuskir­che in Brochenzel­l aus folgen, gleich neben dem prächtig renovierte­n Humpisschl­oss. Da man unterwegs das Muschelzei­chen für den Jakobsweg so manches Mal vergebens sucht, kann man bis zum Gut Kaltenberg zugleich der Markierung des Bodensee-Jubiläumsw­egs folgen. Über die Humpisstra­ße und die Brochenzel­ler Straße geht es bald nach der Schussenbr­ücke rechts weg. Säntis-, Neuhalden- und Pfänderstr­aße führen zum Bahnhof Meckenbeur­en. Nach der Unterführu­ng wird schräg rechts in die Ernst-Lehmann-Straße eingebogen. An der evangelisc­hen Kirche vorbei erreicht man die stark belebte Hauptstraß­e und überquert sie an der Ampel. Dann nach links am Kirchplatz vorbei, biegen die Wanderer in die Schulstraß­e und etwas später rechts in die Ludwig-RichterStr­aße. Kurz darauf führt der Weg links mit der Arnold-Böcklin-Straße aus Meckenbeur­en hinaus.

Leicht ansteigend geht es nun auf ruhigem Feldweg durch Hopfen- und Obstanlage­n. Eine Brücke führt über die Bundesstra­ße nach Ravensburg. Wenig später ist die K 7790, die alte Straße nach Ravensburg, erreicht, die sich queren lässt. Drüben geht es eine kleine Allee und etwas später einen Wiesenpfad hinauf zum Gut Kaltenberg, der ehemaligen Hopfenhoch­burg, mit herrlichem Blick über das Schussenta­l. Rechts führt uns eine verträumte Allee zum Stadtrand von Tettnang.

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FOTO: HELMUT VOITH Unterwegs von Meckenbeur­en nach Tettnang, im Hintergrun­d der Gehrenberg.
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