Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Power-Volleyball besiegt die Power-Mannschaft
Mit neuer Taktik und Einstellung verlängern Volleyballer des VfB Friedrichshafen Finalserie gegen Berlin
FRIEDRICHSHAFEN - ZF-Arena, Mittwochabend 21.50 Uhr: Tomas Kocian, der Zuspieler der Volleyballer des VfB Friedrichshafen, spielt den Ball zu David Sossenheimer. Der 21-Jährige schraubt sich hoch, die Augen erkennen die Lücke in der Berliner Abwehr, und der Außenangreifer schmettert den Ball mit so einer Wucht auf den Boden der ZFArena, dass die allermeisten der 1991 Zuschauer in der eher spärlich besetzten Halle Freundentänze veranstalten. Der zweite Matchball saß, der VfB gewann die dritte Finalpartie um die deutsche Meisterschaft gegen die Berlin Volleys mit 3:1 (25:23, 25:16, 22:25, 25:23).
Dadurch verkürzte der VfB, der zuvor mit dem Rücken zur Wand gestanden hatte, in der im Modus „best of five“ausgetragenen Serie auf 1:2. Und Sossenheimer sagte den Berlinern auf seine Art: „Wir sind wieder da, waren nur kurz weg.“
Es war die Botschaft des Abends. Der VfB liegt in der Finalserie weiter zurück, am Sonntag (15 Uhr, sportdeutschland.tv) droht noch immer der K.o., aber die Mannschaft von Trainer Vital Heynen ist wieder gierig, fokussiert auf den wichtigsten nationalen Titel. Es hat in der Finalserie lange gedauert bis das Team, das ungeschlagen in die Finalserie gegangen war, endlich ihr wahres Gesicht gezeigt hat. „Der Trainer hat uns gesagt, wir müssten nur ein Spiel gewinnen, um die Serie zu drehen. Mit dieser Einstellung gewinnen wir auch in Berlin“, gab sich Kocian hinterher zuversichtlich. Wie die Häfler zurück in die Erfolgsspur fanden:
VfB-Trainer Vital Heynen, eigentlich ein Freund davon, allen seinen Spielern Spielzeit zu gönnen, vertraute in den Spielen eins und zwei auf seine Stammformation mit Simon Tischer, Bartlomiej Boladz, David Sossenheimer, Athanasios Protopsaltis, Andreas Takvam, Philipp Collin und Markus Steuerwald. Der Mittelblock mit Collin/Takvam funktionierte jedoch kaum und auch Zuspieler Simon Tischer spielte schon mal besser. Dennoch reagierte Heynen nicht – bis Mittwoch. Der Coach besetzte drei
Die Wechsel:
Positionen neu: Das Zuspiel (Tomas Kocian für Tischer), den Mittelblock (Jakob Günthör für Takvam) und die Diagonale (Daniel Malescha für Boladz). Mit Malescha und Kocian hatte er nun zwei Spieler auf dem Parkett, die Sprungaufschläge im Repertoire haben. Die zeigten sie mit Bravour. Malescha gelangen insgesamt 21 Punkte und durch die starken Aufschläge schwächelte die Annahme der Berliner. Im Mittelblock gelangen Günthör zwar nur sechs Punkte, aber er machte keine Fehler im Aufschlag, blockte viermal erfolgreich.
In den ersten beiden Partien spielte der Berliner Mittelblock mit dem VfB Jojo. Graham Vigrass und Aleksandar Okolic punkteten und blockten nach Belieben. Der VfB (Collin, Takvam) hatte stets das Nachsehen, kam fast immer zu spät. Am Mittwoch holte der Mittelblock viele Bälle, damit der VfB Gegenangriffe starten konnte. Während Vigrass und Okolic immer unsicherer wurden, spielten Collin und Günthör souverän auf.
Der Hinterfeldangriff: Adam White, Robert Kromm oder Steven Marshall waren in Spiel eins und zwei nicht zu Bremsen. Zuspieler Pierre Pujol ließ den Häfler Block immer schlecht aussehen. Zugegeben, es ist schwer so einen Angriff zu stoppen, aber es geht. Der VfB Friedrichshafen hat auch hier am Mittwochabend gute Antworten parat gehabt. Viele Bälle wurden im Spiel gehalten und die Gegenangriffe waren diesmal erfolgreicher als in Spiel eins und zwei.
Stelian ●
Moculescu, Friedrichshafens ExTrainer und jetziger Gegnercoach, ist ein Freund des Powervolleyball. Und so setzten seine Spieler die Häfler Annahme immer wieder unter Druck. Die Folge: Zuspieler Simon Tischer konnte in den ersten beiden Partien selten das erste Tempo spielen. Die hohen Bälle waren eine Beute des Berliner Blocks. Im dritten Spiel drehte Vital Heynen den Spieß um. Seine Mannschaft hat nicht nur versucht, mit einfach geschlagenen Bällen zu punkten, sondern hart draufzuhauen, dass die Fetzen flogen. Athanasios Protopsaltis, Daniel Malescha, Philipp Collin, David Sossenheimer
Der Mittelblock: Die Taktik der Trainer:
oder Jakob Günthör zeigten, dass die Übungen im Kraftraum nicht umsonst waren. Vor allem Protopsaltis, der in der Champions League drittbester Punktballspieler war, in der bisherigen Finalserie aber enttäuschte, drosch mit solcher Wucht auf den Ball, dass einem die Berliner fast schon leidtun konnten. Nach jedem Satz floss der Schweiß in Strömen. Der Power-VfB hielt Berlin in Schach.
So klappt es mit dem ultimativen Showdown:
Betrachtet man alle drei bislang gespielten Partien, so waren es Kleinigkeiten, die ein Spiel entschieden. Auch am Mittwoch hat man ganz genau gesehen, dass der VfB den Berlinern keinen Finger geben darf, sonst nehmen sie sich die ganze Hand. Im dritten Satz führte der VfB mit 12:7, zur zweiten technischen Auszeit hieß es 16:15 für Berlin. Aufschlagfehler, nicht verwertete Angriffsbälle, und schon kippte der Satz. Auch im vierten Satz wurde es plötzlich wieder knapp.
Der VfB Friedrichshafen muss mit der gleichen Aggressivität und Entschlossenheit spielen wie zuletzt, dann könnte es ein entscheidendes fünftes Spiel in Friedrichshafen am 9. Mai geben. Die Mannschaft ist da, jetzt gehen die Final-Play-offs, wie beide Trainer immer wieder betonten, erst richtig los.