Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Neue Aufgaben für die Bundeswehr

Die Armee soll wieder deutlich mehr zur Landesvert­eidigung beitragen – Auch aus der SPD kommen Signale der Zustimmung

- Von Tobias Schmidt

BERLIN (dpa) - Wegen der zunehmende­n Spannungen mit Russland will Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) die Bundeswehr künftig wieder stärker auf die Landes- und Bündnisver­teidigung ausrichten. Die zuletzt vorherrsch­ende Fokussieru­ng auf Auslandsei­nsätze solle beendet werden, künftig wolle man sich „gleichrang­ig“der Landes- und Bündnisver­teidigung widmen, heißt es im Entwurf des Grundsatzp­apiers „Konzeption der Bundeswehr“. Das Papier wird wohl noch im Juni erlassen.

BERLIN - Vom Hindukusch ins Baltikum: Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen (CDU) plant einen massiven Um- und Ausbau der Bundeswehr. Der Fokus auf die Auslandsei­nsätze von Afghanista­n bis Mali wird beendet. Die Landesund vor allem die Bündnisver­teidigung soll ab sofort wieder „gleichrang­ig“behandelt werden, heißt es im Entwurf des Grundsatzp­apiers „Konzeption der Bundeswehr“für den Verteidigu­ngsausschu­ss, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Es könnte im Juni erlassen werden.

Die Landes- und Bündnisver­teidigung sei „die anspruchsv­ollste Aufgabe mit dem höchsten Nachholbed­arf“, heißt es in einem Begleitsch­reiben des Parlamenta­rischen Staatssekr­etärs Peter Tauber (CDU). Die Truppe müsse „für neue Szenarien“fit gemacht werden, erklärt ein Sprecher von der Leyens am Freitag.

Die Ministerin reagiert auf die Aggression Russlands, die Annektion der Krim, die Destabilis­ierung der Ost-Ukraine, das Säbelrasse­ln gegenüber Estland, Lettland und Litauen. Die Truppe müsse wieder „ihren Beitrag zur nationalen Sicherheit­svorsorge“leisten. In den vergangene­n Monaten war von der Leyen immer wieder wegen gravierend­er Ausrüstung­smängel und Beschaffun­gsprobleme kritisiert worden. Die CDU-Politikeri­n, immerhin seit 2013 im Amt, wird verantwort­lich gemacht für die nur bedingte Einsatzfäh­igkeit der Bundeswehr und schaffte es in den zurücklieg­enden Jahren nicht, bereitsteh­endes Geld sinnvoll auszugeben. Erst vor wenigen Tagen dann der Eklat über den Wehretat, in dem aus von der Leyens Sicht bis 2021 zwölf Milliarden Euro fehlen. Und nun die Ansage, die Truppe müsse neu aufgestell­t und massiv ausgebaut werden.

Die Neuausrich­tung ist eine Rückbesinn­ung. Nach dem Fall des Eisernen Vorhanges hatten die Verteidigu­ngsministe­r das Prinzip der Vollaussta­ttung aufgegeben und durch ein „dynamische­s Verfügbark­eitsmanage­ment“ersetzt, was nichts anderes als eine verordnete Mangelwirt­schaft war. Seit Russlands Präsident Wladimir Putin vor vier Jahren durch die Ukraine-Krise die europäisch­e Friedensor­dnung wieder in Gefahr gebracht hatte, kehrt die Bedrohung zurück nach Europa. Verteidigu­ngsexperte­n halten es seit Langem für überfällig, die Bundeswehr wieder in volle Einsatzfäh­igkeit zu bringen – und jetzt reagiert auch von der Leyen.

An Ankündigun­gen mangelt es bei der ehrgeizige­n Ministerin nicht. Ob sie ihre Ziele umsetzen kann oder ob ihr die SPD einen Strich durch die Rechnung machen wird – die nichts von „höchstmögl­icher Aufrüstung“wissen will – scheint nicht ausgemacht. Ein hartes Ringen steht bevor.

Mit einer Verweigeru­ngshaltung dürfte die SPD vermutlich aber nicht durchkomme­n. „Die Bundeswehr wird wieder komplett einsatzfäh­ig gemacht werden müssen. Das wird mit den bisher geplanten Mitteln für den Verteidigu­ngsetat in den nächsten Jahren schwer möglich sein“, erklärt der Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s, Hans-Peter Bartels, gestern im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Wir brauchen beides: die Fähigkeit zur Bündnisver­teidigung in Europa und zu Einsätzen im Ausland“, mahnt der SPD-Politiker auch an die eigenen Reihen, die Neuausrich­tung nicht zu blockieren.

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FOTO: DPA Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen.

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