Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Tänzer, Rocker, Weltstar

Trauer um den israelisch­en Musiker Abi Ofarim

- Von Ute Wessels

MÜNCHEN (dpa) - Das Ziel war: wieder auf die Bühne. Noch kurz vor seinem 80. Geburtstag sagte Abi Ofarim: „Ich möchte fit sein, auch äußerlich. Die Leute erwarten das schließlic­h. Ich will ja kein Mitleid.“Eine Lungenentz­ündung, Influenza, Koma, Herzoperat­ion lagen da hinter ihm. Neun Monate hatte der Sänger in Krankenhäu­sern und Rehaklinik­en verbracht. Nun hat die Kraft nicht mehr gereicht. Am Freitag starb Ofarim im Alter von 80 Jahren in seinem Heimatort München.

„Seine Söhne Tal und Gil sowie seine Lebensgefä­hrtin waren anwesend und haben ihn in den letzten Stunden begleitet“, sagte Gils Managerin Yvonne Probst. Abi Ofarim sei friedlich eingeschla­fen.

Ofarims Karriere begann in seinem Heimatland Israel als Tänzer. Da war er elf Jahre alt. Als Teenager kam er zum Theater, später zur Musik. In den 1960er-Jahren wurde er an der Seite seiner ersten Frau im Gesangsduo Esther & Abi Ofarim zum Star („Cinderella-Rockefella“, „Morning of my Life“). Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere trennten sich beide und machten solo weiter. Alkoholund Drogenexze­sse kosteten den Sänger – mit bürgerlich­em Namen Abraham Reichstadt – in den Jahren beinah das Leben. Kurzzeitig landete er im Gefängnis.

1982 veröffentl­ichte Ofarim das Album „Much too Much“und seine Erinnerung­en mit dem Titel „Der Preis der wilden Jahre“. Er krempelte sein Leben um und zog sich für 27 Jahre von der Bühne zurück. Er arbeitete als Produzent und kümmerte sich um seine zwei Söhne Gil und Tal, die beide als Musiker in die Fußstapfen des Vaters traten.

59 Goldene Schallplat­ten

Im Jahr 2009 feierte Abi Ofarim ein Comeback als Sänger. Ende 2016 stand er noch auf der Bühne. Danach begann die Krankheits­geschichte. Zu seinem 80. im Oktober 2017 war er glücklich, dass er es noch einmal zu seiner Lebensgefä­hrtin in seine eigenen vier Wände zurückgesc­hafft hatte. 59 Goldene Schallplat­ten hat Abi Ofarim in seinem Leben bekommen. Das hätten nicht viele geschafft, sagte er anlässlich seines runden Geburtstag­es stolz. Zu den Höhepunkte­n seiner Biografie zählte er ein Treffen mit der englischen Königin. „30 Sekunden obligatori­scher Small Talk“, erinnerte er sich. „Ich war so zu, wie es nur geht, und habe kein Wort verstanden. Nur ihre letzte Frage. „Waren Sie in der Armee?“, wollte sie wissen. Da habe ich gesagt: „Ja, Majestät. Und Sie?“Alle haben gelacht, die Königin auch. Das stand dann in allen Zeitungen.“

Damals schmiedete er Pläne, die noch größer waren als früher. So wollte Ofarim seinen Hilfsverei­n „Kinder von gestern“noch vorantreib­en. Mit einem Jugendzent­rum für Senioren macht sich der Verein stark gegen Altersarmu­t und Alterseins­amkeit.

Und natürlich die Musik: Er hatte Pläne für neue Alben. Doch dazu kam es nicht mehr.

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FOTO: DPA Auf der Bühne bis zum Schluss: Der Sänger und Gitarrist Abi Ofarim bei einem Auftritt 2015.

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