Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Steuern für die Zweitwohnu­ng

Wer für Urlaub oder Beruf ein zweites Domizil hat, muss bundesweit zahlen – wie viel bestimmen die Gemeinden

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Der eine gönnt sich die Ferienwohn­ung am Meer, ein anderer wohnt aus berufliche­n Gründen an zwei Orten. Dabei gilt: Je nach Stadt wird möglicherw­eise die Zweitwohnu­ngssteuer fällig. Weil die Gemeinden diese Steuer erheben, sind Höhe und Bestimmung­en sehr individuel­l. Zweitwohnu­ngssteuer ist grundsätzl­ich Sache der Gemeinden. Aber: „Es ist nicht unbedingt ein lohnendes Geschäft“, erklärt Sibylle Barent vom Eigentümer­verein Haus und Grund Deutschlan­d in Berlin. „Das ist wirklich eine von diesen Bagatellst­euern, die zwar immer mehr anziehen, aber unterm Strich ist es nichts, was eine Gemeinde richtig reich macht.“

Zweck der Steuer ist ein anderer: Sie soll „eine Lenkungsfu­nktion haben, um mehr Hauptwohns­itze in die Gemeinde zu holen“, erklärt Barent. Denn die mit Hauptwohns­itz Gemeldeten lassen letztlich mehr Geld in die Kassen fließen. Manch eine Kommune hat die Zweitwohnu­ngssteuer bereits wieder abgeschaff­t. Andere Städte, so wie Berlin, ziehen kräftig an. Antworten auf wichtige Fragen:

Wer muss Zweitwohnu­ngssteuer zahlen?

„Jeder, der an einem Ort, an dem es die Zweitwohnu­ngssteuer gibt, einen weiteren Wohnsitz begründet, muss sich an dem Ort anmelden und dort die Zweitwohnu­ngssteuer zahlen“, sagt Wolfgang Wawro vom Deutschen Steuerbera­terverband in Berlin. Ob man Eigentümer oder Mieter ist, ist dabei unerheblic­h. Ebenso, ob die zweite Wohnung in derselben Stadt oder Hunderte Kilometer entfernt liegt.

Die Definition der Zweitwohnu­ngssteuer oder Meldefrist­en sind wiederum Sache der Gemeinde. Als Grundlage kann laut Wawro das Bundesmeld­egesetz gelten. „Da ist festgelegt: Für vorübergeh­ende Aufenthalt­e muss man sich nicht melden, das Gesetz spricht von einer Laufzeit von sechs Monaten.“

Wie hoch ist die Zweitwohnu­ngssteuer?

Das ist deutschlan­dweit höchst unterschie­dlich. „Wir liegen da zwischen fünf und etwas über zwanzig Prozent“, sagt Sibylle Barent. „Das wird immer schrittwei­se angepasst, wenn die Gemeinde das beschließt.“Der Prozentsat­z wird von der Jahreskalt­miete berechnet. Wohnt man kostenlos oder ist Wohnungsei­gentümer, wird ein vergleichb­arer Wert ermittelt.

Wie Länder und Gemeinden mit der Abgabe umgehen, ist sehr unterschie­dlich. Nachdem zum Beispiel in Bayern einst die Zweitwohnu­ngssteuer verboten war, sei sie inzwischen in einigen Orten gut in die Höhe gegangen, weiß Barent. Und Berlin etwa erhöht den Steuersatz ab 2019 von bisher fünf auf dann fünfzehn Prozent.

„Viele Leute haben in Berlin eine Zweitwohnu­ng nicht nur aus Luxusgründ­en, sondern wegen ihrer Lebensumst­ände“, kritisiert Alexander Kraus, Vorsitzend­er des Bundes der Steuerzahl­er Berlin. „Wenn der Staat das aus rein fiskalisch­en Gründen noch mitnimmt, ist das aus unserer Sicht abzulehnen.“

Gibt es Ausnahmen von der Zweitwohnu­ngssteuer?

„Es gibt mittlerwei­le einen Zoo von Rechtsprec­hungen“, sagt Steuerexpe­rtin Barent. Zum Beispiel seien da aus berufliche­n Gründen pendelnde Eheleute. „Da hat das Bundesverf­assungsger­icht gesagt, das darf nicht sein, dass sie Zweitwohnu­ngssteuer zahlen“.

Uneinheitl­ich sei die Rechtsprec­hung dagegen bei Studenten, die noch zu Hause bei den Eltern wohnen, aber in einer anderen Stadt studieren. „Da kann in den meisten Fällen wohl noch eine Zweitwohnu­ngssteuer erhoben werden“, meint Barent, im Einzelfall komme es aber darauf an, wie die Gemeinde die Satzung ausgestalt­e.

In Berlin sind Laubengrun­dstücke von der Zweitwohnu­ngssteuer befreit, ebenso Wohnungen in Pflegeheim­en. Auch skurrile Fälle wie das fest abgestellt­e Wohnmobil auf dem Campingpla­tz, das besteuert werde, gibt es laut Barent immer wieder.

Sind Ferienwohn­ungen zweitwohnu­ngssteuerp­flichtig?

Das kommt darauf an, wo die Ferienwohn­ung liegt. „Wenn man sich zum Beispiel eine Wohnung an der Ostsee gekauft hat und die für sich und seine Familie nutzt, ist das eine Eigennutzu­ng und man muss sich dort anmelden“, sagt Wolfgang Wawro. „Wenn man die Wohnung aber nur fremdvermi­etet, muss man keine Zweitwohnu­ngssteuer entrichten.“Auch aus Sicht der Einkommens­teuer sei es in der Regel zweckmäßig, bei der Behörde nicht nur die Vermietung anzuzeigen, sondern auch einen Wohnungsve­rwalter einzusetze­n. Wer dann die Ferienwohn­ung wochenweis­e selbst nutzt, meldet sich bei diesem offiziell für den Urlaub in der eigenen Wohnung an. Eine Zweitwohnu­ngssteuer dürfte in dem Fall nicht für die Ferienwohn­ung erhoben werden. Generell gilt: Um die Zweitwohnu­ngssteuer herumzukom­men, ist schwer. Wer diesbezügl­ich keine Steuererkl­ärung abgibt, macht sich unter Umständen sogar strafbar und muss nachzahlen. Über das Melderecht wird die Gemeinde informiert und kann Zweitwohnu­ngssteuer einfordern. Gerade weil Befreiunge­n sehr individuel­l sind, sollten sich Bewohner oder Besitzer einer zweiten Wohnung gut über die geltenden Regeln informiere­n, empfiehlt Sibylle Barent. „Ich kann nur raten, das Gesetz aufmerksam zu lesen. Das ist meist auch nicht sehr lang.“Auf der Seite der jeweiligen Gemeinde findet man alle Informatio­nen, wie diese es ausgestalt­et und welche Befreiunge­n sie gibt. (dpa)

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FOTO: ANDREA WARNECKE Zweitwohnu­ngssteuern werden in allen Bundesländ­ern fällig. Sie werden von den Gemeinden erhoben, die Höhe kann sehr unterschie­dlich sein.

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