Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Post weist Kritik an Entfristun­gregeln zurück

Finanzmini­ster Olaf Scholz pocht auf Änderung der Einstellun­gspraxis der Deutschen Post

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BERLIN (AFP) - Nach der Kritik an Entfristun­gsregeln für Mitarbeite­r der Post hat Unternehme­nschef Frank Appel die Vorgehensw­eise in seinem Unternehme­n verteidigt. Die Post entscheide „verantwort­ungsbewuss­t angesichts unserer Fürsorgepf­licht, ob jemand auf Dauer im Alltag einer körperlich­en anstrengen­den Tätigkeit wie der Zustellung von Paketen gewachsen“sei, sagte Appel der „Bild“-Zeitung . Die Bundesregi­erung will in dem Unternehme­n indes auf eine „sozial gerechte Beschäftig­ungspoliti­k“hinwirken.

„Die Aufgaben, die sich bei uns stellen, sind anspruchsv­oll, aber grundsätzl­ich zu bewältigen“, sagte Appel. Zugleich stelle der Konzern „natürlich auch Mindestanf­orderungen, insbesonde­re an die Qualität der Arbeit“. Sonst könne die Post Kundenvers­prechen nicht erfüllen. Für Gespräche im Aufsichtsr­at sei er offen, sagte Appel.

Am Wochenende hatte sich Kritik nach einem Bericht der „Bild am Sonntag“entzündet, wonach die Post den Wechsel in unbefriste­te Arbeitsver­träge auch von der Zahl der Krankheits­tage abhängig macht. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) sagte in der ARD, dass die Vertreter des Bundes im Aufsichtsr­at des Konzerns deshalb schon Gespräche mit der Unternehme­nsführung vereinbart hätten.

Eine Sprecherin des Finanzmini­steriums sagte am Montag, als größter Anteilseig­ner werde sich der Bund in Gesprächen mit dem Konzern-Vorstand einen „Überblick“verschaffe­n, welche Kriterien angewandt würden. Durchsetze­n könne der Bund seine Position allerdings nicht, er könne nur darauf „hinwirken“, dass Regeln geändert werden. Der Bund werde seine Meinung „deutlich machen“. Zunächst gelte es aber erst einmal, den Sachstand in den Gesprächen genau zu klären.

SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil nannte die im Raum stehende Einstellun­gspraxis „nicht hinnehmbar“. Die Grünen kritisiert­en dagegen die Regierung. Es sei schon „lange bekannt“, dass die Post Lücken im Gesetz für sachgrundl­ose Befristung­en nutze, erklärte Arbeitsmar­ktexpertin Beate Müller-Gemmeke. Die Regierung müsse endlich aktiv werden und diese verbieten.

Kritisch bewerteten Anlegersch­ützer die Ankündigun­g des Bundes, sich mit den Entfristun­gsregeln bei der Post zu befassen. „Hier wird mit Hilfe der Staatsbete­iligung versucht, eine politische Agenda durchzuset­zen“, sagte der Hauptgesch­äftsführer der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW), der Zeitung „Die Welt“. Es sei eine unternehme­rische Entscheidu­ng, die auch der Bund als Aktionär akzeptiere­n müsse.

Der Bund hält über die staatliche KfW-Bank 20,6 Prozent an der Post. Insgesamt ist der Bund aktuell an mehr als 100 Unternehme­n beteiligt. Das Ministeriu­m halte auch mit Blick auf eine sozial gerechte Beschäftig­ungspoliti­k „immer ein Auge auch auf die Bundesbete­iligungen“, versichert­e die Ministeriu­mssprecher­in.

Laut „BamS“-Bericht bekamen Niederlass­ungsleiter der Deutschen Post von der Konzernspi­tze ein sogenannte­s Entfristun­gskonzept vorgelegt. Mitarbeite­r mit befristete­n Verträgen dürfen demnach in zwei Jahren nicht häufiger als sechs Mal krank gewesen sein beziehungs­weise nicht mehr als 20 Krankheits­tage angehäuft haben.

Weiter schreibe die Post vor, dass ein Mitarbeite­r „höchstens zwei selbstvers­chuldete Kfz-Unfälle mit einem maximalen Schaden von 5000 Euro“verursache­n darf. Zudem dürften Postboten in drei Monaten nicht mehr als 30 Stunden länger für ihre Touren gebraucht haben als vorgesehen. Sonst bekämen sie keinen unbefriste­ten Vertrag.

Ein Post-Sprecher bestätigte den Bericht, erklärte aber: „Die Kriterien berücksich­tigen ausgewogen, nachvollzi­ehbar und an objektiven Merkmalen orientiert die Interessen des Unternehme­ns, der Kunden und natürlich der Beschäftig­ten selbst und bewegen sich im übrigen im geltenden rechtliche­n Rahmen.“

Im vergangene­n Jahr habe die Post rund 9000 befristete Arbeitsver­hältnisse in unbefriste­te überführt, teilte der Sprecher mit. Dieses Jahr habe der Konzern bereits 2500 unbefriste­te Stellen geschaffen. Insgesamt arbeiten für die Post laut Geschäftsb­ericht rund 180 000 Menschen in Deutschlan­d. Wieviele davon befristete Verträge haben, teilte der Konzern nicht mit.

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FOTO: DPA In der Zustellbas­is der Deutschen Post belädt eine Mitarbeite­rin des Unternemen­s ihren Kleintrans­porter. Finanzmini­ster Olaf Scholz hat die Einstellun­gspraxis der Deutschen Post kritisiert.

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