Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Tohuwabohu
Dass der liebe Gott die Leute von Babel für ihren Hochmut mit totaler Sprachverwirrung bestrafte, weil sie einen Turm bauen wollten, dessen Spitze bis zum Himmel ragen sollte, ist bekannt. Das steht im Alten Testament. Sprachverwirrung! Kein Mensch verstand mehr den anderen! In einem Bericht des Goethe-Instituts ist nachzulesen, dass es derzeit 7097 Muttersprachen gibt. Und die 7,5 Milliarden Menschen auf der Erde kommunizieren miteinander in einer von diesen Sprachen, die meisten unterhalten sich allerdings nur in 23 davon. Eine Milliarde Menschen schwätzen chinesisch.
Demgegenüber ist Deutsch, von 90 Millionen gesprochen, natürlich nur ein kleiner Klacks. Wenn da die Österreicher und Schweizer nicht wären! Manchmal möchte man bei einem Urlaub im Ausland ja zu gern Mäuschen sein und verstehen, was die Einheimischen sich erzählen oder man möchte mit einer Marktfrau in Portugal, einem Ladenbesitzer in Ägypten oder am Strand mit dem Liegestuhlnachbarn aus der Ukraine ein Schwätzchen zu halten. Gut, ein paar Brocken Englisch verstehen heute die meisten, aber das war’s dann oft schon. Was bewegt die Menschen in diesem oder jenem Land? Haben sie die gleichen Sorgen? Die gleichen Freuden? Aber es herrscht ja die bekannte Sprachverwirrung und man versteht nichts. Aber gut, das kann einem auch in der eigenen Familie passieren. Man erklärt, berichtet, beschreibt dem Liebsten etwas und alles was man erntet, ist ein irritierter, verständnisloser Blick. Und dann fragt man sich: Lieber Gott, musste die Sprachverwirrung wirklich so weit gehen?