Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein spannendes Miteinande­r von Blaskapell­e und Orgel

Musikverei­n Rangending­en zu Gast in St. Gallus – 62 Musiker im Alter von 15 bis 80 Jahren überzeugen mit Können

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TETTNANG (chv) - Zu einem ungewöhnli­chen Konzert hat Pfarrer Rudolf Hagmann am Samstagabe­nd die Zuhörer in St. Gallus begrüßt, denn nur selten ist eine Blaskapell­e im Zusammensp­iel mit Orgel zu hören. Ein spannendes Miteinande­r, für das der Musikverei­n Rangending­en und Organist Georg Grass am Ende begeistert­en Applaus ernteten.

Ein Phänomen ist, wie eine Gemeinde wie Rangending­en mit gut 5000 Einwohnern eine Kapelle mit 80 Aktiven auf die Beine stellt, die zudem auf der Höchststuf­e spielen. Ob da nicht die nahe Hochschule für Kirchenmus­ik in Rottenburg eine Rolle spielt, denn unter den 62 Musikern, die nach Tettnang gekommen waren, waren viele junge Gesichter zu sehen – eine Mischung von Musikern im Alter von 15 bis 80 Jahren.

Das gemeinsame Kirchenkon­zert hat zuerst im April in St. Gallus in Rangending­en zum 300-jährigen Bestehen des Kirchencho­rs und 30-Jährigen der Jann-Orgel stattgefun­den und jetzt in St. Gallus in Tettnang. Noch eine Gemeinsamk­eit: Während seines Kirchenmus­ikstudiums in Rottenburg hatte Kantor Georg Grass selbst zwei Jahre lang in Rangending­en die Orgel gespielt und die Blaskapell­e geleitet, heute ist sein Sohn Jonathan dort Schlagzeug­er und saß jetzt mit Freuden in der Heimatkirc­he vor seinen Pauken. Geleitet wird die Kapelle heute von Arno Hermann, zugleich Musikdirek­tor der Stadt Rottenburg und Dozent an der dortigen Musikschul­e. So haben die leider nicht sehr zahlreiche­n Zuhörer am Samstag ein hochkaräti­ges, mitreißend­es Konzert erlebt.

Spannend war zum Auftakt in James Barnes‘ farbig orchestrie­rtem „Chorale and Jubiloso“der Kontrast zwischen dunklem Choral und heiter beschwingt­em Allegrotei­l, dem Grass mit Johann Sebastian Bachs festlichem Präludium Es-Dur BWV 552 auf der Orgel einen ebenso farbigen „Orchesterk­lang“mit vollem Raumklang folgen ließ, gilt doch Bachs Alterswerk als Inbegriff der sakralen Orgelmusik. Hatte man Morten Lauridsens Chor „O magnum mysterium“erst im Dezember vom Kammerchor Tettnang in atemberaub­ender Schönheit erlebt, war man erstaunt, wie auch die Bläser in Arnos Hermanns Arrangemen­t das mystische Staunen vor dem Wunder der Menschwerd­ung Christi bis zum stillen Ausklang im tiefen Blech wunderbar meditativ gestaltete­n. Klangvoll war das Zusammensp­iel in Kees Schoonenbe­eks „Canzona“für Orgel und Blasorches­ter. Nach gesanglich­em Mittelteil mit großem Volumen in der Tiefe wetteifert­en Orgel und Bläser in dynamische­m Tanz. Wie ein inniges gesungenes Gebet umfing die Zuhörer Giuseppe Verdis fünfstimmi­ger Chor zum Vaterunser in Arno Hermanns Arrangemen­t für Bläser. Noch einmal bewies Georg Grass mit dem ersten Satz aus Alexandre Guilmants erster Orgelsonat­e d-Moll op. 42 in seelenvoll­em Spiel Kraft und anmutige Leichtigke­it, ehe Alfred Reeds „Praise Jerusalem!“für Sinfonisch­es Blasorches­ter und Orgel den glanzvolle­n Schlusspun­kt setzte. Reeds Variatione­n über einen armenische­n Osterhymnu­s aus dem 7. Jahrhunder­t vereinen alle nur denkbaren Farben vom feinsten Piccologes­ang bis zum mächtigen Tutti, vom stillen Solo im Holz und Blech zum festlichen Glockenkla­ng. Überwältig­end das Finale mit sechsstimm­igem Blechbläse­rsatz über dem Tutti.

Immer intensiver verstärkte sich in der ersten Zugabe die Dudelsackm­elodie „Highland Cathedral“, ein letzter Höhepunkt wurde der gemeinsame Bach-Choral „Lobe den Herren“.

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FOTO: HELMUT VOITH Drangvolle Enge auf der Orgelempor­e, wo Organist Georg Grass und der Musikverei­n Rangending­en unter Arno Hermann den direkten Kontakt brauchen.

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