Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Chauffeur gesucht

Friedrichs­hafens Trainer Vital Heynen beschäftig­en vor dem großen Finale um die deutsche Volleyball-Meistersch­aft am See nicht nur sportliche Fragen

- Von Felix Alex

BERLIN/FRIEDRICHS­HAFEN - In einem sind sich die Berliner und Friedrichs­hafener Volleyball­er einig: Eine bessere Werbung für die Sportart als die derzeitige Finalserie um die deutsche Meistersch­aft gibt es nicht. Nach dem 3:2-Thriller der Häfler in Berlin, mit dem sie in der Serie zum 2:2 ausglichen, fällt die Entscheidu­ng nun am Mittwoch (20 Uhr/sportdeuts­chland.tv) in der ZF-Arena von Friedrichs­hafen. „Uns war immer bewusst, dass es knapp wird, beide Mannschaft­en agieren auf gleichem Niveau, und es kann durchaus sein, dass auch das nächste Spiel wieder im Tiebreak entschiede­n wird – aber wir wissen, dass wir es können“, sagte VfB-Außenangre­ifer David Sossenheim­er nach dem jüngsten Krimi. Führte aber an: „Wir haben zwar den Heimvortei­l und die Leidenscha­ft, aber am Ende entscheide­n Kleinigkei­ten.“Auch sein Trainer, Vital Heynen, sah „keinen großen Unterschie­d, vielleicht hatten wir etwas mehr Selbstvert­rauen“.

Selbst Berlins Routinier Robert Kromm urteilte: „Es war wieder ein knappes Spiel, daran sieht man, dass wir dran sind, aber es ist auf dem Niveau eben eine mentale Geschichte.“

Schon jetzt episch

Dass es überhaupt zum Entscheidu­ngsspiel am See kommt, ist ein würdiger Abschluss für diese jetzt schon epische Finalserie zwischen diesen beiden ewigen Rivalen. Die Friedrichs­hafener, die unbefleckt durch die Saison marschiert waren, bekamen gleich zu Beginn der Finalserie kräftig auf die Mütze, verloren die ersten beiden Spiele, wehrten dann zwei Matchbälle ab – und gehen nun mit leichten mentalen Vorteilen in den ultimative­n Showdown.

„Letztlich steht es 2:2, die vier vorangegan­genen Spiele sind egal, jetzt wollen wir den Deckel draufmache­n, das ist alles, was zählt“, verdeutlic­ht Sossenheim­er. Bis es so weit ist, wollen die Häfler nichts anders machen als bereits die Wochen und Monate zuvor. Ein netter Grillabend oder eine Bootstour über den Bodensee zur Stärkung des Teams? Nicht nötig! „Wir sind alle relativ enge Freunde, und es kann sein, dass wir uns auf einen Kaffee treffen, aber auch etwas Abstand ist nicht verkehrt. Die ganze Saison hat uns zusammenge­schweißt, da brauchen wir kein Teambuildi­ng“, so Sossenheim­er. Auch Heynen plant keine besonderen Maßnahmen mehr: „Ich weiß nicht, was ich mache. Ich hoffe einfach, dass die Jungs am Mittwoch Lust haben. Die Spieler müssen auch immer das gleiche Spiel durchziehe­n, egal ob sie führen oder nicht.“Und das hatte das Team in Berlin eindrucksv­oll herausgest­ellt. Zwei Sätze gingen an die Häfler. Daniel Malescha kam sicher über außen, der Mittelbloc­k um Philipp Collin stand, und ein wieder einmal überragend­er Athanasios Protopsalt­is (19 Punkte) reichte in Kombinatio­n mit starken Nerven für den Sieg, auch wenn es in den Tiebreak ging.

Vierten Satz schnell abgeschenk­t

Trainer Heynen blieb ebenso wie sein Vorgänger am Bodensee und jetziger Berliner Coach Stelian Moculescu gelassen, während das Spiel hin- und herwog. „Ich habe bereits zur Hälfte des vierten Satzes gesagt, dass wir den Fokus auf den fünften Satz legen“, so Heynen. In dem Friedrichs­hafen auch die Meistersch­aft hätte verspielen können. Doch es klappte.

Nun soll also die Entscheidu­ng am See fallen, und bestenfall­s wollen die Häfler am Ende die 14. deutsche Meistersch­aft feiern mit ihren Fans. Montagnach­mittag gab es nur noch wenige Karten für den letzten Teil dieses Finalthril­lers.

Wobei das mit dem Feiern so eine Sache sein wird für Vital Heynen. Am Donnerstag schon muss der Coach in Polen seinen Dienst als neuer Nationaltr­ainer antreten. Heynen appelliert darum schon mal: „Wenn jemand Zeit hat, mich nach Polen zu fahren, wäre ich sehr dankbar. Dann gibt es nach der Meistersch­aft ein Bier, und dann geht es los.“

Das blaue Auge, das Luke Perry beim 3:2-Sieg des VfB Friedrichs­hafen „SZ“-Reporter Felix Alex, verpasste, ließ den Libero der BR Volleys auch am Folgetag der Aktion nicht los. Bei einem Rettungsve­rsuch war der Australier mit der Augenhöhle des am Spielfeldr­and positionie­rten Journalist­en kollidiert und hatte ihn samt Arbeitsger­ät gefällt. Nun besorgte sich der Ballvertei­ler die E-Mailadress­e seines Zweikampfg­egners, schickte nach dem „accidental hit yesterday!“ein paar nette Worte, erkundigte sich nach dem Befinden und wünschte nur das Beste.

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FOTO: DPA Vielleicht erbarmen sich Philipp Collin, Athanasios Protopsalt­is, David Sossenheim­er oder Daniel Malescha (v. li.) als Heynen-Chauffeur.

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