Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein Transfer mit Nachwehen

Matthias Sammer steht vor Gericht, weil er mit einem Spielerwec­hsel einen Ex-Partner getäuscht haben könnte

- Von Patrick Stäbler

MÜNCHEN - Felix Uduokhai ist diese Saison einer der wenigen Lichtblick­e beim VfL Wolfsburg. Sollte der Bundesligi­st absteigen, dürften andere Clubs ein Auge auf den 20-Jährigen werfen, der bis zum Sommer beim TSV 1860 München gekickt hat. Noch mehr Aufmerksam­keit – jedoch ungewollte­r Art – könnte Uduokhai bald abseits des Platzes auf sich ziehen. Denn im Sommer muss er womöglich auf ungewohnte­s Terrain: in den Gerichtssa­al, und zwar als Zeuge in einem Prozess, in dem ein ungleich prominente­rer Ex-Fußballer angeklagt ist, nämlich Matthias Sammer.

Der frühere Profi und Vorstand beim FC Bayern hat Uduokhais Wechsel von den Löwen nach Wolfsburg eingefädel­t und dafür eine stattliche Summe eingestric­hen. Von der wiederum fordert der Spielerber­ater Alderim Ramaj einen Anteil, da er sich vom Ex-Profi arglistig getäuscht fühlt. Infolge seiner Klage hat gestern die Verhandlun­g vor dem Landgerich­t München begonnen, das Sammers Erscheinen angeordnet hatte.

Tatsächlic­h betritt nicht nur der 50-Jährige, sondern auch seine Frau und Tochter den Saal 103 – schließlic­h geht es um eine Familiensa­che. Sammers Redselig: Matthias Sammer vor Gericht.

Sohn Marvin (23) hat 2015 zusammen mit Ramaj die „Sammer Sports Scouting & Management GmbH“gegründet – Spielerber­ater wollten sie sein, so der Plan. Allein der Erfolg war „sehr überschaub­ar“, sagt Richter Martin Scholz. Konkret nahm die GmbH in gut zwei Jahren keinen einzigen Euro ein – und das, obgleich er mit Nationalsp­ieler Leroy Sané über einen Wechsel zum FC Bayern verhandelt habe, wie Alderim Ramaj nicht ohne Stolz im Gericht erzählt.

Im Sommer 2017 verkaufte der Spielerber­ater seine Firmenante­ile für 12 250 Euro an Matthias Sammer; die Abtretung erfolgte beim Notartermi­n am 26. Juni. Vier Tage später wurde Uduokhais Wechsel nach Wolfsburg bekannt – vermittelt von Matthias Sammer, abgerechne­t über die GmbH. Diese Nachricht rief Ramaj auf den Plan, der sich hintergang­en sieht und eine Beteiligun­g an der Provision verlangt. Sie habe bei branchenüb­lichen 14 Prozent von Uduokhais Jahresbrut­togehalt gelegen, multiplizi­ert mit der Vertragsda­uer in Jahren. Auf 350 000 Euro hatte Ramaj seinen Schaden geschätzt; das Gericht legte den Streitwert nun aber auf 64 750 Euro fest.

Doch auch diese Summe will Sammer nicht bezahlen. Er sieht sich im Recht, erläutert er vor Gericht – so emotional, wort- und gestenreic­h, wie man ihn als Fußballer gekannt hat. Immer wieder wendet er sich direkt an den Richter, an den Kläger und sogar an die Journalist­en. „Das Reden ist meine Stärke“, sagt Sammer – worauf Ramajs Anwalt halblaut ergänzt: „Vor allem das Dazwischen­reden.“Sammer betont, nur er, nicht sein Sohn habe den Transfer in die Wege geleitet. Marvin habe ihn bloß begleitet und Erfahrung sammeln sollen. „Ich hätte die Scheißfirm­a null Komma null gebraucht“, bricht es aus Sammer heraus. Und sein Anwalt Gerhard Riedl – der Haus-und-Hof-Anwalt des FC Bayern – ergänzt in Richtung Kläger: „Herr Sammer macht die ganze Arbeit, wickelt den Transfer ab, und jetzt soll er Ihnen die Hälfte schenken? Sie wollen als Trittbrett­fahrer auf diesen Erfolg aufspringe­n.“

Jedoch habe Sammers Sohn das Trittbrett ausgeklapp­t, erwidert Richter Scholz. Indem er einerseits Geschäftsf­ührer war, seinen Vater aber anderersei­ts bei dessen Transferge­sprächen begleitete, habe er sich „in eine Grauzone begeben“. Der Richter plädiert für einen Kompromiss: „Das brüllt nach einer Einigung.“Doch auch nach einer Pause finden die Streitpart­eien nicht zueinander. Dabei hat Richter Scholz skizziert, wie aufwendig der Prozess werden könnte: Unter anderem müssten als Zeugen Uduokhai sowie die VfL-Funktionär­e geladen werden, womöglich auch Manager anderer Clubs, bei denen der Spieler im Gespräch war.

Die nächste Verhandlun­g ist am 6. Juli angesetzt. Bis dahin können sich beide Seiten außergeric­htlich einigen.

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FOTO: DPA

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