Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Hildegard Danner und ihre „wilden Gesellen“

„Ach du grüne Neune“: Unterwegs mit der Kräuterfac­hfrau der Stiftung Liebenau

- Von Roland Weiß ●

LIEBENAU - Seit 30 Jahren ist Hildegard Danner Gärtnermei­sterin. Dass sie sich 2014 zur Kräuterfac­hfrau fortgebild­et hat, prägt die agile Frau aber wesentlich mehr als die drei Jahrzehnte zuvor. Seit fünf Jahren ist sie bei der Stiftung Liebenau für den Kräuteranb­au zuständig, was sie für eine Runde im Zuge der SZ-Serie „Draußen unterwegs“prädestini­ert – allzeit die Kräuter im Blick.

Wobei Hildegard Danner eins vorausschi­ckt: „Ich würde nie Kräuter am Wegesrand sammeln“– lasse sich doch nicht erkennen, welche Verunreini­gungen (sei es durch Autos oder Tiere) die Pflanzen aufgenomme­n haben. Im Wald oder am Waldesrand zu sammeln, das empfiehlt sie – auch gerne mit einem guten Bestimmung­sbuch in der Hand. Habe doch so manches Kraut einen „giftigen Doppelgäng­er“– bekanntest­es Beispiel: Bärlauch und Maiglöckch­en.

Draußen unterwegs ist Hildegard Danner gerne – sei es mit dem Rad zur Arbeit oder mit der Familie. Dementspre­chend gut kennt sie sich in und um Liebenau aus. Sie organisier­t hier oder auch andernorts Kräuterfüh­rungen für integriert­e Gruppen, aber auch für Schulklass­en – hat sie sich doch neben der 50-Prozent-Stelle bei der Stiftung Liebenau mit „Von Menschen für Menschen“ein zweites Standbein geschaffen und ihre eigene Kräuterwer­kstatt gegründet.

Was die Kräuterfüh­rungen angeht – „das sind oft eher Kräuterspa­ziergänge“, schmunzelt sie – komme die Gruppe doch mitunter nur wenige Hundert Meter weit, weil es so viel zu sehen und erläutern gibt.

Hildegard Danner orientiert sich dabei in vieler Hinsicht an ihrer Namenspatr­onin Hildegard von Bingen. „Wildkräute­r haben immer eine wichtige Rolle für die Menschen gespielt“, weiß sie um Tradition und Heilkraft, der heutzutage wieder mehr Menschen vertrauen.

„Die Wildkräute­r vitalisier­en uns“, ist Danners Beobachtun­g, die sie auf beide Aspekte bezieht – auf die heilsame Wirkung, aber auch auf die Anwendung als Würze oder Speise. Beispiel Giersch: „15-mal mehr Proteine und Vitamin C als in Endiviensa­lat“sei im Geißfuß enthalten, der seinen Zweitnamen der Form seiner Blätter verdankt.

Wie auch so mancher Sinnspruch die Kräuter meint: „Ach du grüne Neune“bezieht sich auf die Gründonner­stagssuppe, die als NeunKräute­r-Suppe aus den ersten fri- schen Pflanzen im Jahr schöpft. Brennnesse­l, Löwenzahn, Gundermann, Schafgarbe, Pimpernell­e oder auch Vogelmiere kann sich Hildegard Danner dafür vorstellen – letztendli­ch muss aber jeder selber seine Lieblingsk­räuter zusammenfü­gen.

Darauf dass die Vogelmiere gerne von Vögeln gefressen wird, ist noch relativ leicht zu schließen. Ungleich schwerer: Woher der Beiname „Hühnerdarm“stammt? Hildegard Danner bricht den Stiel des Krautes entzwei – und siehe da: Zum Vorschein kommt eine dünne Faser, die einem „Hühnerdarm“ähneln dürfte.

Doch nicht nur um die Beschaffen­heit weiß die „Heilpflanz­enfach- frau“(so die offizielle Bezeichnun­g), sondern auch um die Anwendung. Gute Erfahrunge­n hat Hildegard Danner mit der Vogelmiere beispielsw­eise bei festsitzen­dem Husten gemacht, aber auch gehört, dass sie beruhigend bei Hautkrankh­eiten wirken soll.

In Verantwort­ung für die Natur

Sie selbst schwört auf eine Handvoll Kräuter, die sie jeden Morgen roh zu sich nimmt. Gerne wendet sie aber auch den „Holler“an: Holundersa­ft stellt Hildegard Danner selbst her oder streut die Blüten auch mal ins Badewasser ein.

Angetan hat es ihr zudem der Giersch, seien es die feinwürzig­en Blätter oder die leicht scharfen Knospen. „Suppen, Kräuterbut­ter, Pesto, Brotaufstr­iche“– lang ist die Liste an Speisen, die Danner mit der „Powerpflan­ze“verfeinert.

Ihre „wilden Gesellen“nennt sie die Kräuter, deren Handhabung sie vom Aussäen an vermittelt. Bei all dem schwingt große Achtung mit – im Wissen darum, mit der Natur achtsam umzugehen.

Für Hildegard Danner sind die Kräuter zu „meiner Erfüllung“geworden. Mit Leib und Seele hat sie sich ihnen verschrieb­en – in der Gewissheit, „dass es eine Kraft aus der Ewigkeit gibt – nämlich Gott unseren Schöpfer, der all das erschaffen hat“und an den sie glaubt.

Wer Kontakt aufnehmen will, kann dies über die Kräuter- und Erlebniswe­rkstatt tun via kraeuteru. erlebniswe­rkstatt@ gmx. de. Alle Serienteil­e finden sich unter www. schwaebisc­he. de/ draussenun­terwegs

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gesehen von Roland Weiß White watchers
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FOTOS: ROLAND WEISS Hildegard Danner in ihrem grünen Element.
 ??  ?? Giersch, Geißfuß, St. Gebhardskr­aut – schon die Namen weisen auf eine lange Überliefer­ung und Tradition der Kräuternut­zung hin.
Giersch, Geißfuß, St. Gebhardskr­aut – schon die Namen weisen auf eine lange Überliefer­ung und Tradition der Kräuternut­zung hin.
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