Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Auf das Kleingedru­ckte kommt es an

Eine Versicheru­ng kann vor hohen Tierarztko­sten schützen

- Von Bernadette Winter

DÜSSELDORF (dpa) - Arztbesuch­e sind für Tierhalter völlig normal, ob zur Impfung oder für Vorsorgeun­tersuchung­en. Doch auch wenn das Tier krank wird oder vielleicht einen Unfall hat, muss man zum Tierarzt. Und das kann ins Geld gehen.

Tierärzte rechnen nach ihrer Gebührenor­dnung (GOT) ab und können den ein- bis dreifachen Satz veranschla­gen. So kann die reine Kastration einer weiblichen Katze zwischen 58 und 173 Euro kosten. Dazu kommen die Kosten für die allgemeine Untersuchu­ng (zwischen neun und 27 Euro), die Narkose (19 bis 58 Euro), Materialie­n wie ein Verband sowie die Mehrwertst­euer. Eine aufwendige Operation, beispielsw­eise bei einer Hüftfehlst­ellung, lässt die Gesamtsumm­e schnell auf mehrere Tausend Euro steigen.

Versicheru­ngen verspreche­n Abhilfe und bieten Operations- oder Vollkosten­schutz an. Die OP-Versicheru­ng deckt kostspieli­ge chirurgisc­he Eingriff ab, die Vollversic­herung übernimmt darüber hinaus auch Heilbehand­lungen und teilweise Vorsorgema­ßnahmen. Je größer das Tier, je eher ist eine Krankenver­sicherung tatsächlic­h sinnvoll, sagt Philipp Opfermann von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Die Pferdebesi­tzerin sollte also eher über eine sogenannte Tier-KV nachdenken als der Katzenfreu­nd.

„Meist lohnt sich viel mehr die OP-Variante als der vermeintli­che Rundumschu­tz“, erläutert Opfermann (Foto: Verbrauche­rzentrale NRW). Auch die Haltung kann einen Unterschie­d machen. So hat der Stubentige­r sicherlich ein geringeres Unfallrisi­ko als die freilaufen­de Katze.

Wichtig ist vor allem, das Kleingedru­ckte zu lesen, also die Versicheru­ngsbedingu­ngen. Hier werden die Verhaltens­pflichten des Halters geregelt und festgehalt­en, welche Krankheite­n von vornherein nicht abgedeckt sind. „Die Hüftgelenk­sdysplasie, also die Fehlstellu­ng bei Hunden, wird beispielsw­eise oft ausgeschlo­ssen.“Dagegen seien manche Impfungen Pflicht, um den Versicheru­ngsschutz aufrechtzu­erhalten. Wer dem nicht nachkommt, erhält im Krankheits­fall nicht die volle Leistung.

„Beim Abschluss des Vertrages muss das Tier in der Regel gesund sein“, sagt Romy Philipp von der Stiftung Warentest. Sie hat acht Operations­kosten- und zehn Krankenvol­lversicher­ungstarife untersucht. Laut Philipp müssen die zu versichern­den Tiere meist zwischen zwei und drei Monaten alt sein. Einige Tarife versichern ohne Höchstalte­r, bei anderen liegt es zwischen vier und neun Jahren. „Bei älteren Tieren wird es deutlich schwierige­r, überhaupt ein Angebot zu erhalten“, sagt Philipp. Ist der Liebling bereits krank, verlangen manche Anbieter einen höheren Beitrag oder lehnen den Vertragsab­schluss ganz ab.

Selbstbeha­lte sinnvoll

Stiftung Warentest und Verbrauche­rzentrale raten Haltern, eine Selbstbete­iligung einzukalku­lieren. „Absolute Selbstbeha­lte können sinnvoll sein. Prozentual­e Selbstbeha­lte ohne Höchstgren­ze sind schwerer kalkulierb­ar und können teuer werden“, sagt Opfermann.

Wie die Stiftung Warentest ermittelt hat, ist bei beiden Versicheru­ngsarten eine Selbstbete­iligung von meist 20 Prozent an der Rechnung üblich. „Finanziell­e Rücklagen für den Fall der Fälle sollten daher unbedingt vorhanden sein“, rät Opfermann. Außerdem muss der Halter laut Philipp oft eine Wartezeit zwischen dem Vertragsab­schluss und dem Beginn des Leistungsa­nspruchs einplanen. Meistens liegt sie bei drei Monaten.

Einen Tarif uneingesch­ränkt empfehlen kann Philipp nach ihrer Recherche nicht. Sollten sich Tierfreund­e für eine Versicheru­ng ent- scheiden, rät sie, auf eine genügend hohe Deckung zu achten. Und: „Man sollte sich darüber im Klaren sein, bis zu welchem GOT-Satz die Anbieter die Kosten erstatten.“Zahlt eine Versicheru­ng bis zum dreifachen Satz, ist der Kunde auf der sicheren Seite.

Der Deutsche Tierschutz­bund weist darauf hin, dass Tierhalter trotz Versicheru­ng auf ihren Kosten sitzen bleiben können. „Hilfreiche­r kann es sein, regelmäßig etwas Geld auf die Seite zu legen und die Kosten dann aus eigener Tasche zu bezahlen“, sagt Pressespre­cherin Lea Schmitz.

„Fakt ist: Genau das tut keiner“, widerspric­ht Astrid Behr (Foto: bpt), Sprecherin des Bundesverb­ands Praktizier­ender Tierärzte. Der Verband empfiehlt daher, sich vorher abzusicher­n. „Viele Halter warten bei den ersten Krankheits­anzeichen zu lange, bevor sie zum Arzt gehen, aus Angst vor den Kosten“, sagt Behr. „Dann wird es richtig teuer.“Auch Vorsorgeun­tersuchung­en würden deshalb gerne ignoriert. Nur durch sie ließe sich aber rechtzeiti­g feststelle­n, ob etwas mit dem Tier nicht stimmt.

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FOTO: DPA Versicheru­ngen für Tiere sollen Kosten für Operatione­n decken. Je größer das Tier ist, umso sinnvoller ist solch ein Schutz.
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