Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Will solche Schmerzen nie wieder erleben“
Triathlon-Star Jan Frodeno hat seine herbe Niederlage auf Hawaii verdaut
MÜNCHEN - Jan Frodeno war 2008 Triathlon-Olympiasieger und gewann zweimal den Ironman auf Hawaii – und seit kurzem auch Buchautor. Patrick Strasser sprach mit dem 36-Jährigen, der einst an der Seite von Ex-Weltmeister Daniel Unger als Junior am ALZ Sigmaringen trainierte, über Siege und Niederlagen.
Herr Frodeno, am Montag ist Ihre Autobiographie „Eine Frage der Leidenschaft“, Untertitel „Mit Mut und Motivation zum Erfolg“(Ariston Verlag) erschienen – warum jetzt, warum nach Ihrer Niederlage bei der letzten Ironman-WM 2017 auf Hawaii, und nicht nach einem ihrer Siege 2015 und 2016?
Ich habe einfach so lange an meinem Buch gearbeitet bis es so geworden ist wie ich mir das vorgestellt hatte. Mit dem Buch erzähle ich meine Karriere als Sportler, als Triathlet – sehr persönlich, sehr authentisch. Der Weg nach oben ist eine chaotische Abfolge von Aufs und Abs, wie das Leben ja auch.
Was ist die Botschaft des Buches?
Der Titel sagt es schon: Du musst mit Leidenschaft an dein Ziel herangehen. Und du musst deine Lektion aus den Niederlagen lernen, um wieder an die Spitze zu kommen.
Auf Hawaii letzten Oktober kamen Sie mit heftigen Rückenproblemen weit abgeschlagen ins Ziel – einer der schwärzesten Tage Ihrer Karriere. Sie lagen am Boden, von Schmerzen geplagt, Sie standen wieder auf, gingen zu Fuß, kämpften sich ins Ziel. War dieser 70. Platz womöglich doch eine Art siegreiche Niederlage?
Ich würde sagen: Eine ehrenhafte Niederlage, aber eine Niederlage. Wenigstens habe ich erhobenen Hauptes den Titel abgegeben. Denn: Egal, wie weh es im Wettkampf tut, aufgeben ist immer die letzte Karte, die ich ziehen würde. Dieses Rennen zu beenden, war ein erbitterter Kampf zwischen Kopf und Körper, dazu kam Trotz und die Demut vor dem Ironman Hawaii. Was diese Niederlage betrifft, bin ich mit mir selbst jedoch im Reinen.
Was meinen Sie damit?
Die Erkenntnis aller Analysen war, dass das Material gestimmt hat. Es lang an mir selbst, an nichts anderem. Damit musste ich zwar erst mal klarkommen. Aber als ich das verstanden hatte, war es gut. Denn an mir kann ich arbeiten. Das war das rettende Element für meine weitere Karriere.
Und im Fall eines dritten Siegs hätten Sie Ihre Karriere beendet?
Ich hätte es zumindest hinterfragt. Denn wenn ich mit so einer schiefen Vorbereitung inklusive Krankheit wie im letzten Jahr erneut Weltmeister geworden wäre, hätte etwas mit der Verhältnismäßigkeit des Aufwandes nicht gestimmt. Dann wäre der Aufwand unnötig hoch gewesen. Doch es kam ja anders. Ich will so etwas, solche Schmerzen, nie wieder erleben.
Spüren Sie nun weniger Druck? Der letztjährige Sieger Patrick Lange, den Sie auf dem Highway sogar anfeuerten, als er Ihnen entgegenkam, ist nun Titelverteidiger.
Ich spüre genau denselben Druck, denn den mache ich mir schon selbst! Es wäre doch eine schöne Story, wenn es nochmal knallt, wenn ich es nochmal packen könnte.
Wer sind Ihre Hauptkonkurrenten mit Blick auf Hawaii?
Patrick Lange ist wieder ein Kandidat, er war ja 2016 schon Dritter, hat mit dem Sieg letztes Jahr bewiesen, dass er es draufhat. Auch Sebastian Kienle wird wie immer alles in diesen Wettkampf investieren und reinlegen, was in ihm steckt. Außerdem rechne ich mit Javier Gomez.
Der Spanier, mehrfacher Weltmeister auf der Kurz- und Mitteldistanz.
Ja, ich denke, er hat nun ernsthafte Ambitionen auf der Langdistanz.
Wie lautet Ihre Saisonplanung bis zum Jahres-Höhepunkt in Kona?
Ich starte am 8. Juli bei der IronmanEM in Frankfurt und auf dem Weg dorthin im Juni auch auf der Mitteldistanz im Kraichgau. Generell arbeite ich an meiner Leistung, möchte einfach wieder richtig zufrieden nach einem Wettkampf sein. Wie im Frühjahr beim „Ironman 70.3 Oceanside“und bei der „Challenge Taiwan“– obwohl letzterer eher ein Trainingswettkampf war ohne echte Konkurrenz. Beide Male stimmten meine Wattwerte, meine Zeiten.