Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gegenwind für den Bürgermeister
Räte sollen Fläche überplanen, die noch nicht vollständig in Gemeindebesitz ist – Gremium kritisiert Vorgehen
KRESSBRONN - Flächen bereits überplanen, die noch nicht im Besitz der Gemeinde sind: Für den Gemeinderat ein Vorgehen von Bürgermeister Daniel Enzensperger, das so nicht akzeptabel ist. Deshalb wurde der Beschluss zum Tagesordnungspunkt „Entwicklung von Flächen im Bereich Friedrichshafener/Tettnanger Straße“am Mittwochabend weitestgehend vertagt. Während die Verwaltung auf dem Gelände den Neubau einer Kinderbetreuungseinrichtung und eines Feuerwehrgerätehauses sowie die Ausweisung von Bauplätzen plant, entschieden die Räte, aufgrund der Größe die Planungen in Ruhe anzugehen.
„Da muss man einfach länger drüber sprechen“(Klaus Klawitter, CDU), „Man muss die Diskussion vorher führen – das fehlt mir hier im Gremium, es ist ja schon alles vorgefertigt“(Karl Bentele, CDU) oder „Der Beschluss geht so nicht – es sind Teilflächen darin, die noch nicht mal im Eigentum sind, aber deren Entwicklung in der Öffentlichkeit diskutiert wird“(Stefan Fehringer, BWV). Quer durch den Gemeinderat hat es am Mittwochabend Unverständnis für das Vorgehen von Bürgermeister Daniel Enzensperger gegeben, der eigentlich mit der Planung für ein neues Quartier in Kressbronn zwischen der Friedrichshafener Straße und Tettnanger Straße beginnen wollte.
Der Hintergrund: Das Verfahren zur Fortschreibung des Flächennutzungsplanes soll noch in diesem Jahr zum Abschluss gebracht werden. Eine der zentralen Entwicklungsflächen mit voraussichtlich 18 900 Quadratmetern Wohnbauflächen und rund 16 500 Quadratmetern Gemeinbedarfsflächen liegt an der Ecke Friedrichshafener Straße/Tettnanger Straße. „Durch eine relativ überschaubare Zahl von drei Grundstückseigentümern wäre ein Grunderwerb eventuell im Ganzen möglich, zumal die Eigentümerin der größten Fläche mit 23 919 Quadratmetern bereits das Grundstück an die Gemeinde veräußert hat. Ein weiterer Grundstückseigentümer hat bereits zu den angebotenen Konditionen Verkaufsinteresse bekundet, sodass eine zügige Realisierung möglich sein dürfte“, kündigte Kämmerer Matthias Käppeler an.
Weitere Planungen in Ruhe
Die Räte stimmten zwar geschlossen dafür, dass eine Kinderbetreuungseinrichtung dringend notwendig und in der Kürze der Zeit nur an diesem Standort zu realisieren sei, doch alle anderen Planungen sollten in Ruhe besprochen werden, so der Tenor. Nicht nur Wolfgang Binzler (CDU) hinterfragte, ob dies wirklich der richtige Standort für ein Feuerwehrhaus sei – und es wegen der Lärmbelästigung vor allem in den Abendund Nachtstunden nicht besser sei, einen Flächentausch mit „Lidl“vorzunehmen. „Die wollen eh neu bauen und wir könnten am bisherigen Standort erweitern“, so Binzler. „Die Idee ist jetzt echt nicht schlecht“, fand denn auch der Schultes.
Auch Stefan Fehringer (BWV) war mit dem Standort wie mit dem gesamten Vorgehen nicht einverstanden: „Grundlagen, Alternativen, Diskussionen – all das fehlt mir hier“, sagte er mit Blick auf den detaillierten Beschlussvorschlag. Außerdem sei es kein Stil, mit den Planungen in die Öffentlichkeit zu gehen, wenn die Flächen noch garnicht alle im Gemeindebesitz seien. Dieter Mainberger (BWV) stieß ins gleiche Horn: „Es würde mich nichts mehr ärgern, als wenn Leute auf meiner Fläche rumplanen, obwohl sie noch mir gehört. Damit erreichen wir womöglich genau das Gegenteil“, sagte er mit Blick auf die 40 Prozent der Fläche, die der Gemeinde noch nicht gehören. Kämmerer Matthias Käppeler dagegen sprang dem Bürgermeister zur Seite und erläuterte, dass all dies bereits im öffentlichen Flächennutzungsplan einsehbar sei. Doch während der Planungsprozess beim Kinderhaus dringend sei, könne die Zeitachse beim Feuerwehrhaus und den Bauplätzen durchaus eine andere sein, so der Kämmerer.
Dieter Senger-Frey und Gerold Wachter (beide BWV) schlugen schließlich vor, zunächst Gespräche mit Lidl über einen Flächentausch zu führen. Gleichzeitig könne man das Raumprogramm für eine Kindertagesstätte planen – und anschließend in Klausurtagung gehen. „Dann sind wir einige Schritte weiter und segnen ein solch großes Vorhaben nicht diskussionslos ab“, so Wachter. Sowohl Matthias Käppeler als auch der Gemeindechef zeigten sich dafür offen: „Wir sind da völlig schmerzfrei, wenn Sie da jetzt die Bremse reinhauen – und zwar aus dem Grund, weil mein Laden das derzeit eh’ kaum schafft“, so Enzensperger.
„Es würde mich nichts mehr ärgern, als wenn Leute auf meiner Fläche rumplanen, obwohl sie noch mir gehört.“
„Wir sind da völlig schmerzfrei, wenn Sie da jetzt die Bremse reinhauen.“Bürgermeister Enzensperger