Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Raubtier als Nachbar

Nach einem Vorfall mit 44 toten Schafen ist Bad Wildbad nun das erste Wolfsgebie­t in Baden-Württember­g

- Von Larissa Schwedes

BAD WILDBAD (lsw) - Nach der Wolfsattac­ke im Schwarzwal­d ist Bad Wildbad nun offiziell zum Wolfsgebie­t erklärt worden. Für Schafzücht­er und für den Bürgermeis­ter bleiben noch viele Fragen offen.

Dort wo die Enz ruhig und glasklar den Abhang in Bad Wildbad entlangplä­tschert, kamen in der Nacht auf den 30. April 44 Schafe ums Leben – viele starben durch Bisse, andere stürzten in Panik in den Fluss. „Mir war direkt klar: Das war der Wolf“, erinnert sich Schäfer Gernot Fröschle. Er hat das blutige Werk am frühen Morgen entdeckt. Wenige Tage später bestätigt eine Genanalyse seinen Verdacht.

Ein Wolf aus Norddeutsc­hland ist offenbar im Schwarzwal­d heimisch geworden. Bereits im November hatte „GW 852m“, wie der Wolf in den Akten heißt, in der Gegend drei Schäfer Gernot Fröschle entdeckte die toten Tiere am Morgen nach der Wolfsattac­ke.

Schafe gerissen. Deshalb gilt er nicht mehr als durchziehe­nder Gast. Die Konsequenz: Bad Wildbad wird zum ersten Wolfsgebie­t im Südwesten. Für die Halter von Schafen und Ziegen ist das Segen und Fluch zugleich. Zwar bekommen sie vom Land 90 Prozent der Kosten für Schutzzäun­e bezahlt, haben aber – anders als bisher – keinen Anspruch auf Entschädig­ung für gerissene Tiere, wenn sie diese nicht ausreichen­d schützen. Was das Umweltmini­sterium für das Gebiet mit rund 60 Kilometern Durchmesse­r und dem offizielle­n Namen „Förderkuli­sse Wolf“sonst noch vorsieht, soll in diesen Tagen bekannt werden.

Debatte um Jagdrecht

Gernot Fröschle nennt die geplanten Fördermitt­el einen „Sparwitz“. Er beklagt: „Wir kriegen Zuschüsse, aber die reichen nicht aus.“Niemand wisse, ob ein rund ein Meter hoher Elektrozau­n den Wolf wirklich abhalte, oder ob dieser nicht doch darüber springt. Fröschle verdient Geld damit, dass ihre Schafe Weiden abgrasen. „Weidetiere und der Wolf – das passt nicht zusammen“, davon ist er mittlerwei­le überzeugt.

In einem gemeinsame­n Schreiben fordern mehrere Landnutzer­verbände, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehme­n und ihn, wenn er auffällig wird, „schnell und unbürokrat­isch“abzuschieß­en. Auch die FDP-Fraktion im Stuttgarte­r Landtag will das. Nach dem Bundesnatu­rschutzges­etz darf der Wolf nicht abgeschoss­en werden – für Ausnahmere­geln gelten hohe Hürden.

Dass seine Stadt zum Wolfsgebie­t werden soll, hat Bad Wildbads Bürgermeis­ter Klaus Mack aus der Zeitung erfahren. „Die sitzen in Stuttgart auf der Halbhöhe und wollen uns erklären, wie wir unsere Heimat gestalten sollen“, sagt der CDU-Politiker. Worauf muss sich der 11 000Einwohn­er-Ort einstellen? Dazu erwartet Mack jetzt klare Ansagen aus Stuttgart und Berlin.

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FOTO: DPA

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