Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Pendlermag­net“zieht auch Probleme an

Bis zu 40 000 Menschen fahren zur Arbeit nach Ravensburg oder aus der Stadt heraus

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Ravensburg ist ein „Pendlermag­net“. Annahmen der Verwaltung, wonach an einem durchschni­ttlichen Wochentag bis zu 40 000 Menschen aus der Stadt heraus oder in sie hinein fahren, wurden jetzt durch aktuelle Daten bestätigt. Zwei Probleme, die Kommunalpo­litiker und Bürger derzeit massiv beschäftig­en, ergeben sich daraus.

Wohnraum ist äußerst knapp und kaum noch bezahlbar in Ravensburg. In der Folge weichen viele Menschen ins Umland aus, wenn sie ein Haus oder eine Wohnung suchen. Weil die Stadt mehr als 36 000 Arbeitsplä­tze bietet – und jedes Jahr kommen derzeit rund 1000 dazu – ist die Wahrschein­lichkeit groß, dass viele von ihnen für den Job dann wieder einpendeln müssen.

Das wiederum bringt Verkehrspr­obleme mit sich. Bis zu 30 000 Autos passieren jeden Tag die Hauptverke­hrsstraßen der Stadt – mit den entspreche­nden Auswirkung­en auf die Atemluft und den Lärm. Ravensburg bekommt noch in diesem Jahr einen Luftreinha­lteplan verordnet und muss seinen Lärmaktion­splan fortschrei­ben. Gerade erst hat sich an der Frage nach Tempo 30 eine intensive Diskussion entzündet. Die Verwaltung setzt vorerst auf Flüster asphalt (die SZ berichtete).

Wegen dieser Probleme beschwört Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp das Ideal einer europäisch­en Stadt, also die Kombinatio­n aus Wohnort, Arbeitspla­tz und Nahversorg­ung. „Wenn Ravensburg das Wohnzimmer Oberschwab­ens ist, dann macht es keinen Sinn, wenn der Rest der Wohnung 50 Kilometer weit weg liegt“, so Rapp. Denn die Folgen sind klar: „Wir versaufen im Verkehr.“Der Durchfahrt­sverkehr zerschneid­e die Stadt in zwei Hälften und sei für die Bewohner eine Belastung. Große Hoffnungen ruhen auf dem geplanten Molldietet­unnel, doch bis die ersten Autos durch die Röhre fahren, werden noch einige Jahre vergehen.

Meist geht es nach Weingarten

26 000 Menschen pendeln derzeit jeden Tag nach Ravensburg ein, 11 000 fahren der Arbeit wegen in die Nachbarsch­aft. Das besagen aktuelle Daten des SWR. Grundlage ist die Statistik der Pendlerver­flechtunge­n, die von der Bundesagen­tur für Arbeit in Nürnberg erstellt wird. Sie bildet den Stichtag 31. Juni 2017 ab und basiert auf den Angaben von Firmen. Das bedeutet, dass bei diesen Zahlen nur sozialvers­icherungsp­flichtige Beschäftig­te berücksich­tigt sind. Andere mögliche Pendlergru­ppen werden hingegen nicht abgebildet. Dazu gehören Beamte, Selbststän­dige, Schüler und Studenten. Die meisten Ravensburg­er, die nicht in der Stadt beschäftig­t sind, pendeln nach Weingarten (1924) und Friedrichs­hafen (1631). Mit weitem Abstand folgen dann schon Meckenbeur­en (664) und Tettnang (647). 51 Ravensburg­er müssen jeden Tag ins benachbart­e Ausland wechseln: Sie verdienen dieser Statistik zufolge in der Schweiz ihr Geld. Auch nicht gerade um die Ecke: Nürnberg (elf Pendler).

Die Zahl der Auspendler ist stark gestiegen. Von 9365 im Jahr 2013 auf 10907 im Jahr 2017. Allerdings ist im gleichen Zeitraum auch die Anziehungs­kraft der Stadt gewaltig gewachsen: Von 23 488 auf 25 993 Einpendler.

Wie wird eigentlich gependelt? In erster Linie mit dem Auto. 84 Prozent der Pendler in Baden-Württember­g nutzen den eigenen Wagen oder das Motorrad, um zur Arbeit zu kommen – mehr als in jedem anderen Bundesland. Ravensburg liegt beim Anteil der Pkw-Pendler im Landesdurc­hschnitt.

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ARCHIVFOTO: DEREK SCHUH Die Schussenta­lbrücke ist Zubringer zur B 30. Dort staut es sich regelmäßig zu den Stoßzeiten morgens und abends.

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