Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Pendlermagnet“zieht auch Probleme an
Bis zu 40 000 Menschen fahren zur Arbeit nach Ravensburg oder aus der Stadt heraus
RAVENSBURG - Ravensburg ist ein „Pendlermagnet“. Annahmen der Verwaltung, wonach an einem durchschnittlichen Wochentag bis zu 40 000 Menschen aus der Stadt heraus oder in sie hinein fahren, wurden jetzt durch aktuelle Daten bestätigt. Zwei Probleme, die Kommunalpolitiker und Bürger derzeit massiv beschäftigen, ergeben sich daraus.
Wohnraum ist äußerst knapp und kaum noch bezahlbar in Ravensburg. In der Folge weichen viele Menschen ins Umland aus, wenn sie ein Haus oder eine Wohnung suchen. Weil die Stadt mehr als 36 000 Arbeitsplätze bietet – und jedes Jahr kommen derzeit rund 1000 dazu – ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass viele von ihnen für den Job dann wieder einpendeln müssen.
Das wiederum bringt Verkehrsprobleme mit sich. Bis zu 30 000 Autos passieren jeden Tag die Hauptverkehrsstraßen der Stadt – mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Atemluft und den Lärm. Ravensburg bekommt noch in diesem Jahr einen Luftreinhalteplan verordnet und muss seinen Lärmaktionsplan fortschreiben. Gerade erst hat sich an der Frage nach Tempo 30 eine intensive Diskussion entzündet. Die Verwaltung setzt vorerst auf Flüster asphalt (die SZ berichtete).
Wegen dieser Probleme beschwört Ravensburgs Oberbürgermeister Daniel Rapp das Ideal einer europäischen Stadt, also die Kombination aus Wohnort, Arbeitsplatz und Nahversorgung. „Wenn Ravensburg das Wohnzimmer Oberschwabens ist, dann macht es keinen Sinn, wenn der Rest der Wohnung 50 Kilometer weit weg liegt“, so Rapp. Denn die Folgen sind klar: „Wir versaufen im Verkehr.“Der Durchfahrtsverkehr zerschneide die Stadt in zwei Hälften und sei für die Bewohner eine Belastung. Große Hoffnungen ruhen auf dem geplanten Molldietetunnel, doch bis die ersten Autos durch die Röhre fahren, werden noch einige Jahre vergehen.
Meist geht es nach Weingarten
26 000 Menschen pendeln derzeit jeden Tag nach Ravensburg ein, 11 000 fahren der Arbeit wegen in die Nachbarschaft. Das besagen aktuelle Daten des SWR. Grundlage ist die Statistik der Pendlerverflechtungen, die von der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg erstellt wird. Sie bildet den Stichtag 31. Juni 2017 ab und basiert auf den Angaben von Firmen. Das bedeutet, dass bei diesen Zahlen nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigte berücksichtigt sind. Andere mögliche Pendlergruppen werden hingegen nicht abgebildet. Dazu gehören Beamte, Selbstständige, Schüler und Studenten. Die meisten Ravensburger, die nicht in der Stadt beschäftigt sind, pendeln nach Weingarten (1924) und Friedrichshafen (1631). Mit weitem Abstand folgen dann schon Meckenbeuren (664) und Tettnang (647). 51 Ravensburger müssen jeden Tag ins benachbarte Ausland wechseln: Sie verdienen dieser Statistik zufolge in der Schweiz ihr Geld. Auch nicht gerade um die Ecke: Nürnberg (elf Pendler).
Die Zahl der Auspendler ist stark gestiegen. Von 9365 im Jahr 2013 auf 10907 im Jahr 2017. Allerdings ist im gleichen Zeitraum auch die Anziehungskraft der Stadt gewaltig gewachsen: Von 23 488 auf 25 993 Einpendler.
Wie wird eigentlich gependelt? In erster Linie mit dem Auto. 84 Prozent der Pendler in Baden-Württemberg nutzen den eigenen Wagen oder das Motorrad, um zur Arbeit zu kommen – mehr als in jedem anderen Bundesland. Ravensburg liegt beim Anteil der Pkw-Pendler im Landesdurchschnitt.