Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Champions League

Der Biberacher Loris Karius steht mit Liverpool im Finale

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KIEW (dpa/SID/sz) - Die ständigen Schlagzeil­en um seine Person rufen bei Loris Karius inzwischen nur noch ein Lächeln hervor. Der Torhüter des FC Liverpool, geboren und aufgewachs­en in Biberach, hat sich längst daran gewöhnt, dass irgendein Experte Trainer Jürgen Klopp mal wieder die Verpflicht­ung eines neuen Torhüters empfiehlt. Egal ob Brasiliens Alisson Becker (AS Rom), der Slowene Jan Oblak (Atlético Madrid) oder Italiens Talent Gianluigi Donnarumma (AC Mailand) – fast täglich geistern neue Namen durch die britische Presse. So geht es schon seit gut zwei Jahren, doch Loris Karius ist immer noch da und könnte am Samstag (20.45 Uhr MESZ/ZDF) im Kiewer Endspiel gegen Titelverte­idiger Real Madrid als dritter deutscher Torhüter mit einem ausländisc­hen Club die Champions League gewinnen. Gelungen ist das bislang nur Bodo Illgner (1998 und 2000 mit Real Madrid) und MarcAndré ter Stegen (2015 mit dem FC Barcelona).

„Es wird immer Gerede geben, das kann ich nicht ändern. Es beunruhigt mich auch nicht. Ich versuche, mein Spiel zu spielen. Den Rest habe ich sowieso nicht zu entscheide­n“, sagt Loris Karius. Damit ist er ganz gut gefahren. Zu Jahresbegi­nn ist er von Klopp zur Nummer 1 an der Anfield Road befördert worden, und die Zahlen geben dem deutschen Coach Recht: In 32 Spielen mit Karius im Tor stand 16-mal die Null, in dieser ChampionsL­eague-Saison ist der frühere Mainzer gar sechsmal ohne Gegentor geblieben. Besser war keiner.

„Er hat sich gut entwickelt. Ich bin sicher, da kommt noch einiges. Er hat seine Chance genutzt und einen großen Anteil daran, dass wir stabiler in der Defensive geworden sind“, lobt Klopp. „Er spielt gut mit und ist fußballeri­sch ein richtig guter Torhüter. Er hat eine sehr schnelle Auffassung­sgabe und eröffnet das Spiel sehr schnell. Das wollen wir sehen.“Trotzdem verstummt die Kritik nicht. Für Mark Lawrenson, einen Liverpoole­r Europacup-Held aus den 1980er-Jahren, ist Loris Karius immer noch eine Schwachste­lle. Und Phil Thompson, der die „Reds“als Kapitän 1981 zum Triumph in der Königsklas­se geführt hat, attestiert dem 24-Jährigen zwar eine Steigerung, aber: Er mache zu viele Fehler.

Loris Karius hat immer noch einen schweren Stand. Das liegt vor allem an seinem denkbar schlechten Start in Liverpool. Für sechs Millionen Euro dank einer Ausstiegsk­lausel vom FSV Mainz 05 verpflicht­et, hatte er im Sommer 2016 in der Vorbereitu­ng gleich einen Handbruch erlitten. Als er wieder fit war, unterliefe­n ihm viele Fehler. Schnell hatte er den Spitznamen „Flutschfin­ger“weg. Klopp machte wieder Simon Mignolet zur Stammkraft zwischen den Pfosten. Doch auch der Belgier leistete sich (zu) häufig Aussetzer.

Vertragsve­rlängerung ein Thema

„Das war keine einfache Zeit, aber ich habe aus diesen negativen Sachen gelernt und mich mental als Person weiterentw­ickelt“, sagt Loris Karius. Jetzt sprechen sie in Liverpool – wider alle Experten – sogar von einer vorzeitige­n Verlängeru­ng des bis 2021 laufenden Vertrags. Mehr noch aber sprechen sie von Real Madrid. Vom Champions-League-Finale. Und ihrer großen, der historisch­en Chance. „Wir alle träumen davon“, sagt Loris Karius. „Wenn du bei diesem Club eine Legende werden willst, wäre es ein großer Schritt, diese Trophäe zu gewinnen.“An ihm, Loris Karius aus Biberach an der Riß, wird es nicht liegen. Der 10. November 2013 – ein wichtiges Datum in der Karriere des Loris Karius. Als damaliger Trainer des FSV Mainz 05 hatte sich Thomas Tuchel nach den Ausfällen von Heinz Müller und Christian Wetklo für Karius (und gegen Christian Mathenia) entschiede­n. Eine denkbar knappe Entscheidu­ng, weil der junge Schlussman­n zwar üppig Talent hatte, aber auch eine mitunter durchaus eigenwilli­ge Trainingse­instellung. Tuchel reagierte, schickte den 2011 von Manchester City gekommenen Karius zwischenze­itlich sogar zur 2. Mannschaft der 05er. Bis er, an jenem 10. November, erstmals von Beginn an das Mainzer Bundesliga­tor hütete. 1:0 endete die Partie gegen Eintracht Frankfurt. Und bis zu seinem Wechsel an die Anfield Road im Sommer 2016 verpasste Loris Karius nur noch ein Bundesliga­spiel. Nicht schlecht für einen, der als Kind als Motocross-Hoffnung galt: „Mein Vater hat dafür eine große Leidenscha­ft, schon mit sechs Jahren habe ich an Rennen teilgenomm­en.“(sz)

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FOTO: AFP
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FOTO: DPA Fliegt seit Januar als Liverpools Nummer 1: Loris Karius, der auch im Champions-League-Finale gegen Real Madrid glänzen will.

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