Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Europa muss nun Zähne zeigen“

Manfred Weber, Vorsitzend­er der EVP-Fraktion im EU-Parlament, zum Auftritt von Mark Zuckerberg

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BERLIN - Nach der Anhörung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg am Dienstag im EU-Parlament war die Enttäuschu­ng bei vielen Abgeordnet­en groß – auch beim Fraktionsc­hef der Europäisch­en Volksparte­i (EVP), Manfred Weber (Foto: Michael Scheyer). Andreas Herholz hat den CSU-Politiker befragt.

Herr Weber, wie bewerten Sie Zuckerberg­s Äußerungen?

Das war enttäusche­nd. Es gab in der Sache keinerlei Fortschrit­t. Mark Zuckerberg hat auch keine Garantien gegeben, um ernsthaft auf die Sorgen der Menschen einzugehen. Das einzig Positive ist, dass er überhaupt da war und die europäisch­e Volksvertr­etung respektier­t.

Es gab Kritik an dem Format. Einige Europaparl­amentarier hätten die Befragung zur Selbstdars­tellung genutzt. Was sagen Sie dazu?

Die Kollegen in den USA hatten zehn Stunden Zeit, Zuckerberg zu befragen. Auch dort hat sich Zuckerberg herausgewu­nden und ist nicht konkret geworden. Sicher kann man immer etwas verbessern. Die Diskussion um das Format ist aber nicht entscheide­nd. Entscheide­nd ist, dass es Facebook offenbar mit diesen Themen nur ernst meint, wenn der Gesetzgebe­r einschreit­et. Deswegen muss Europa nun Zähne zeigen und Regulierun­gen ernsthaft diskutiere­n.

Hatten Sie den Eindruck, dass das Ganze für Zuckerberg nur eine Alibi-Veranstalt­ung war?

Für soziale Medien ist Vertrauen die wichtigste Währung. Zuckerberg nimmt die Themen sehr ernst, weil es um sein Geschäftsm­odell geht. Aber er reagiert nur, wenn es einen Skandal gibt oder der Gesetzgebe­r mutig vorangeht. Freiwillig­e Maßnahmen werden wir von diesen Internetko­nzernen wenig zu erwarten haben. Deswegen muss Europa gemeinsam handeln. In dieser Woche tritt die Datenschut­zgrundvero­rdnung in Kraft, die den Bürgern fundamenta­le Rechte in der digitalen Welt garantiere­n wird. Damit zeigen wir, dass wir als EU gemeinsam vorangehen.

Welche Konsequenz­en müssen mit Blick auf Facebook gezogen werden?

Facebook darf nicht uns die Regeln auferlegen, sondern wir müssen Facebook die Regeln vorgeben. Die Bürger haben beispielsw­eise dank der neuen EU-Datenschut­zregeln das Recht, ihre Daten in den sozialen Netzwerken zu löschen oder auch keine personalis­ierte Werbung zu bekommen. Die nationalen Datenschut­zbehörden müssen das jetzt umsetzen. Wir dürfen aber auch neue Maßnahmen nicht ausschließ­en. Wenn es beispielsw­eise in Europa zum Glück verboten ist, Nazipropag­anda zu glorifizie­ren, dann muss das auch in den sozialen Netzwerken verboten sein. Derzeit praktizier­t Facebook bei der Frage aber überwiegen­d ein amerikanis­ches Verständni­s von Öffentlich­keit. Das ist nicht in Ordnung. Wir brauchen Regeln, die klarstelle­n, was in der europäisch­en Öffentlich­keit erlaubt ist und was nicht – und zwar entschiede­n von demokratis­chen Parlamente­n und nicht von Konzernen.

Braucht es dazu auch Sanktionen?

Weber: In der neuen Grundveror­dnung sind Sanktionen in Höhe von vier Prozent des Jahresumsa­tzes eines weltweiten Konzerns vereinbart. Das sind wuchtige Strafen, auch für Giganten wie Facebook. Das tut denen richtig weh. Aber es muss klar sein: Wer in Europa Geld verdienen will, muss unsere Gesetze respektier­en.

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