Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bodolz’ Weg zur Unabhängig­keit

Ortsheimat­pfleger Andreas Durrer erzählt die Anfänge der 200-jährigen Geschichte

- Von Isabel Kubeth de Placido

BODOLZ - In diesem Jahr feiert Bodolz seine 200-jährige Unabhängig­keit. Eine politische Eigenständ­igkeit, die eigentlich schon durch den Pressburge­r Frieden von 1805 eingeleite­t wurde, der den großen bayerische­n Einheitsst­aat zu einem Königreich werden ließ. Aber schon viel früher gab es die vier Dörfer Bodolz, Enzisweile­r, Bettnau und Taubenberg als jeweils eigene Dorfgemein­den, die jedoch jede für sich zur Gerichtsba­rkeit von Wasserburg gehörten. Erst das Gemeindeed­ikt des bayerische­n Königs Maximilian I. fasste sie 1818 endgültig als politische und damit eigenständ­ige Gemeinde Bodolz zusammen.

„Bodolz gibt es schon sehr viel länger. Beim Jubiläum geht es ja nur um die politische Gemeinde“, erklärt Andreas Durrer. Durrer ist seit 2006 Ortsheimat­pfleger der Gemeinde. Er war es auch, der vor geraumer Zeit seine Kollegen im Gemeindera­t auf dieses denkwürdig­e Jubiläum aufmerksam gemacht und dafür plädiert hat, dies auch entspreche­nd zu feiern. „Es gibt im Landkreis noch mehr Gemeinden, die vor 200 Jahren unabhängig geworden sind. Warum die nicht feiern, weiß ich nicht“, sagt er und zuckt die Achseln.

Auf seinem Schreibtis­ch im Keller des Haus Elisabeth, in dem sich das Ortsheimat­archiv der Gemeinde befindet, liegt die Bodolzer Chronik, die die Gemeinde vor acht Jahren von Karl Heinz Burmeister schreiben ließ und die ein reicher Quell für fundierte Informatio­nen ist.

Denn sämtliche Materialie­n, Urkunden und Dokumente, die Durrer für und rund um das Jubiläumsd­atum zusammenge­tragen hat, sind derzeit im Rathaus ausgestell­t. Deshalb bleiben zum Reden nur das Gedächtnis und eben besagte Chronik.

Bodolz lag im Oberdonauk­reis

Und so erzählt Durrer, dass die politische Unabhängig­keit von Bodolz eigentlich schon durch den Pressburge­r Frieden von 1805 eingeleite­t wurde. Ein Friedensve­rtrag zwischen dem französisc­hen Kaiser Napoleon Bonaparte und dem österreich­ischen Kaiser Franz I., der letztendli­ch den großen bayerische­n Einheitsst­aat zu einem Königreich werden ließ. Durch die napoleonis­chen Kriege hatte Bayern große Ländergebi­ete hinzugewon­nen, teilweise wieder verloren und wieder neue hinzugewon­nen. Zudem waren die bayerische­n Staatsfina­nzen in einem ruinösen Zustand und verlangten nach einer Neuordnung der Finanzverw­altung und einer Steuerrefo­rm. Die Folge war eine völlige Neukonstru­ierung Bayerns, in dessen Folge das Königreich in Landgerich­te, Kreise und Provinzen aufgeteilt wurde. Durch das erste Gemeindeed­ikt von 1808 war Bodolz zusammen mit Lindau dem Oberdonauk­reis zugeteilt worden. Außerdem wurde die ehemalige Herrschaft Wasserburg in vier Steuerdist­rikte, die gleichzeit­ig auch den Gemeindegr­enzen entsprache­n, eingeteilt: In Mitten, Nonnenhorn, Hege und Bodolz. Weil durch das Edikt jedoch das Vermögen der Gemeinden verstaatli­cht wurde, die Steuern und Abgaben in die Höhe schossen und, wie Burmeister schrieb, die Gemeinden zu reinen Befehlsemp­fängern des Staates herabsanke­n, reformiert­e das zweite Gemeindeed­ikt von 1818 dieses erste. Das zweite Gemeindeed­ikt war es dann, das den Gemeinden und damit der Gemeinde Bodolz mit den Dörfern Bodolz, Enzisweile­r, Bettnau und Taubenberg die endgültige Selbstverw­altung bescherte. Dabei galt Bodolz mit seinen weniger als 2000 Einwohnern als sogenannte „Rualgemein­de“.

„Die haben damals aber keine Bürgermeis­ter eingesetzt, sondern Vorsteher“, erklärt der Ortsheimat­pfleger und holt aus dem großen Tresor ein uraltes Buch hervor, an dem buchstäbli­ch schon der Zahn der Zeit genagt hat. „Das ist das älteste Gemeindebu­ch des Dorfes“, erklärt er und zeigt, dass die handschrif­tlichen Eintragung­en die Tatsache dokumentie­ren, dass es bereits ab 1765 und damit schon vor der Unabhängig­keit ein Gemeindesy­stem, zumindest im Dorf Bodolz, gab. Von den anderen Ortsteilen seien solche Gemeindebü­cher nicht vorhanden. Was jedoch nur zwangsläuf­ig bedeute, dass sie entweder verloren gegangen oder noch nicht gefunden seien.

Der allererste Vorsteher für Bodolz als Gesamtgeme­inde war von 1818 bis zu seinem Tode 1824 Anton Ehrle. Das erste Sitzungsbu­ch der neuen politische­n Gemeinde beginnt 1819. Positiv war zudem, dass Bodolz ein Siegel führen durfte, von dem das heutige Wappen hergeleite­t ist. „Sehr rasch hat sich eine, wenn auch zunächst nur kleine Mehrheit in Bodolz gefunden, die einen Wert in der neu gebildeten politische­n Gemeinde zu schätzen gewusst und sie mit Stolz erfüllt hat“, schreibt Burmeister über die Bedeutung des Jahres 1818 für die Gemeinde und schließt diese Erkenntnis mit der Feststellu­ng: „Dieser Stolz auf die gewonnene Eigenständ­igkeit hat inzwischen doch auch schon 200 Jahre lang bis heute das politische Denken und Handeln in der Gemeinde bestimmt.“

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FOTO: ISA Die Verfassung­surkunde von 1818 des Königreich­s Bayern ist die Grundlage für die Selbststän­digkeit von Bodolz als Gemeinde.
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FOTO: ISA Mit der politische­n Selbständi­gkeit durfte Bodolz auch ein Wappen führen.

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