Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Die vergangenen 50 Jahre waren ein großes Geschenk“
Rotraut und Jürgen Binder feiern ihre goldene Hochzeit
FRIEDRICHSHAFEN - Gibt es ein Rezept für eine über viele Jahrzehnte glückliche Ehe? Liebe – natürlich. „Man muss sich aber auch gegenseitig mit all seinen Eigenheiten respektieren und akzeptieren, dass man den andern nicht ändern kann.“Das sagen Zwei, die es wissen müssen. Am 1. Juni haben Rotraut und Jürgen Binder Goldene Hochzeit gefeiert.
„Die vergangenen 50 Jahre waren wie ein großes Geschenk“, betonen sie mit großer Dankbarkeit. Kirchlich gefeiert wurde bereits im Vorfeld in der St. Blasius-Kapelle – weil es gar nicht so leicht war, einen Termin zu finden, an dem die ganze Familie Zeit hatte. Deshalb wurde der eigentliche Jubiläumstag zu einem Tag der offenen Tür genützt. Will heißen: Alle Freunde und Bekannte waren im Hause Binder herzlich willkommen, um mitzufeiern.
Kennengelernt haben sich die beiden 1962 in Erding, als Jürgen Binder dort während seiner Bundeswehrzeit im Fliegerhorst stationiert war – ebenso wie Rotrauts Bruder. „Gefunkt hat es erst ein halbes Jahr später“, sagt Rotraut Binder lachend. „Fesch war er, hat gut ausgeschaut, und er verfügte über diese besondere Art von Humor, die mir gefallen hat“, weiß sie noch genau. 1965 wurde Verlobung gefeiert, drei Jahre später geheiratet. Nach der Geburt von Tochter Miriam ging’s 1974 in Richtung See – zunächst nach Raderach. 1976 kam Sohn Gregor zu Welt. Im gleichen Jahr das eigene Haus im Häfler Flurweg bezogen, wo seit mehr als 40 Jahren ein ganz besonderer Zusammenhalt in der Nachbarschaft gepflegt wird. Berechtigterweise „maßlos stolz“sind die Großeltern auch auf ihre sechs Enkel.
Ihre Lebensleistung ausreichend zu würdigen, hieße im Fall von Rotraut und Jürgen Binder ganze Bände zu füllen. Als Lehrerin für evangelische Religion war Rotraut Binder in zahlreichen Häfler Schulen im Einsatz. 40 Jahre lang war sie in vielen Organisationen und Vereinen ehrenamtlich aktiv, war Gründungsvorsitzende im Häfler Ortsverein des Kinderschutzbundes, engagierte sich viele Jahre als Gemeinde- und Kreisrätin und war – wie sie selbst sagt – „so frech“, bei der Oberbürgermeisterwahl 1993 vermeintlich chancenlos gegen Amtsinhaber Bernd Wiedmann anzutreten, um dann mit rund 30 Prozent der Wählerstimmen doch einen großen Rückhalt in der Bevölkerung erfahren zu dürfen. Für ihre Verdienste wurde sie unter anderem im Jahr 2000 mit dem Bundesverdienstkreuz, 2004 mit der WillyBrandt-Medaille der SPD und 2008 mit der Ehrenmedaille der Stadt Friedrichshafen ausgezeichnet. Die Liebe zur weißrussischen Partnerstadt Polozk teilt sie mit ihrem Ehemann. Rotraut war lange Jahre rührige Vorsitzende des Partnerschaftsvereins „Freundeskreis Polozk“, Jürgen war als Senior Manager im Personalwesen bei Dornier auch für das Hochschulmarketing zuständig – und hat dort für Praktikanten aus Polozk viele Türen zur beruflichen Fortbildung geöffnet.
Rund 50-mal wurde die historische Stadt an der Dwina, die längst zur zweiten Heimat geworden ist, besucht. Einige ihrer spannenden Erlebnisse um diese außergewöhnliche deutsch-weißrussische Partnerschaft hat das Ehepaar Binder in dem gemeinsam geschriebenen Buch „Polozk – Gibt es da auch einen Urwald?“festgehalten.
30 Jahre Büttenredner
„Ich bin ein Schwabe mit Migrationshintergrund“, konstatiert Jürgen Binder trocken die Tatsache, dass er im badischen Mannheim geboren ist. Er hat sich nicht nur durch sein Ingenieurswissen sondern auch durch sein „närrisches“Gemüt ausgezeichnet. 30 Jahre war er Erfolgsgarant als Büttenredner beim Häfler Bürgerball, zeigte sich beim politischen Aschermittwoch im Bahnhof Fischbach als Meister der scharfen Zunge und freut sich darüber, dass er sich mit seiner Kolumne in der Schwäbischen Zeitung Friedrichshafen mittlerweile im neunten Jahr als „Stichler vom Dienst“beweisen darf.
Nie unzufrieden sein, immer positiv zu denken – diese innere Einstellung wollen die Binders auch weiterhin pflegen. „Wir sagen uns jeden Tag, dass es uns gut geht. Wir schauen nach vorne und hoffen, dass wir gemeinsam alt werden können“, sagen sie mit großer Zuversicht.