Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Nach 50 Jahren: Diskothek „Studio B“ist zurück
Verrufene Kult-Disko der 60er-Jahre erlebt ein kleines Revival - Hier tanzte einst der Mann von Katja Riemann
FRIEDRICHSHAFEN - In den 60erJahren war das „Studio B“eine so angesagte wie anrüchige Diskothek in Friedrichshafen. Jetzt hat der Sohn der Besitzerin den Namen wieder mit Leben gefüllt – allerdings noch nicht für jedermann.
Die Möttelistraße in Friedrichshafen war wohl schon in der Nachkriegszeit das, was man nicht gerade als erste Adresse der Stadt bezeichnen würde. Parallel zur wichtigen Friedrichstraße gelegen, war sie, auch wegen der Bahngleise, ein „Hinterhof“der Stadt – zentral gelegen, aber wie ähnliche Straßen in anderen Städten auch etwas verrufen. Das machte sie wohl damals schon zum beliebten Treffpunkt von jungen Menschen, die feiern und das Leben genießen wollten.
„Es war der 16. November 1966. Zwei Teenager im Alter von 16 Jahren gingen ins ,Studio B’ in der Möttelistraße. Schüchtern betraten wir das erste Mal überhaupt eine Disko, die damals nicht als die feinste Adresse galt und wir fanden es ganz amüsant“, erinnerte sich SZ-Leserin Ingeborg Pollack vor einiger Zeit in einer Reportage der Schwäbischen Zeitung an die Szenedisko. Einerseits wurde sie damals von einem Unbekannten in der dortigen Toilette eingesperrt. Andererseits lernte sie wenig später dort ihren künftigen Ehemann kennen.
Karl-Heinz Ege kennt solche Geschichten zur Genüge. Er ist der Sohn von Pia Ege, damals wie heute Besitzerin des Hauses, in dem das „Studio B“lag. Pia Ege selbst ist mittlerweile zu alt, um sich weiter um das Gebäude zu kümmern. Doch KarlHeinz Ege führt die Geschäfte fort. „In den 60er- und 70er-Jahren war das die angesagteste Diskothek Oberschwabens“, sagt Ege. Deshalb hat er dem Namen „Studio B“unlängst eine zweite Chance gegeben.
Nur eine Tür neben der einstigen Diskothek in der Möttelistraße 11 prangt seit einiger Zeit wieder ein Schild mit diesem Namen. Wer hineingeht, kommt zunächst in einen Kellerraum, der die besten Jahre schon etwas hinter sich hat. „Das ist eigentlich ein ehemaliger Industrieund Produktionsraum“, erklärt Ege.
Das Schweizer Unternehmen Sapo hat hier einst Seifenspender hergestellt. Doch nun ist hier wieder Partybetrieb angesagt.
„Ich habe die Räume auf Wunsch meiner Tochter in Betrieb genommen“, erklärt Ege, der hier zunächst eine Party für seine Tochter geschmissen hatte und dann auf die Idee kam, den Ort einfach öffentlich für private Partys weiterzuvermieten. Mit Erfolg: Im neuen „Studio B“finden nun 18. Geburtstage, Feten, Treffen mit alten Schulfreunden statt. „Und der Markenname ,Studio B’ ist wohl nach wie vor im Geiste und den Erinnerungen der Leute vorhanden“, erklärt Ege. „Wenn die Leute hierher kommen, sagen sie: Hier ist doch was, da war ich mal.“Fairerweise muss gesagt werden: Das echte „Studio B“, das später auch mal „Bleibtreu“hieß, war eigentlich eine Tür weiter. Doch weil dort mittler- weile zwei Spielotheken betrieben werden, musste Ege im selben Haus ausweichen. Der verruchte Reiz der Disko von anno dazumal ist trotzdem geblieben.
Weil die Nachfrage nach dem Veranstaltungsort so groß ist, kann sich Ege mittlerweile vorstellen, das „Studio B“auch wieder als regulären Club oder Disko zu betreiben. „Wenn sich jemand findet, der entsprechende Vorstellungen und finanzielle Mittel hat, sind wir dafür aufgeschlossen“, sagt er. „Ich bin davon überzeugt, dass Friedrichshafen so etwas braucht und noch nicht hat.“Dann stichelt der Hobby-Clubbesitzer ein wenig gegen das seiner Ansicht nach in punkte Nachtleben eher verschlafene Friedrichshafen: „Ravensburg läuft uns in dieser Beziehung den Namen ab.“Derzeit stehen die Türen des neuen „Studio B“zunächst allen Menschen offen, die Räume für private Feiern mieten wollen. Im „Studio B“können sie dann in Erinnerungen schwelgen wie einst der Schauspieler Peter Sattmann. Der einstige Lebensgefährte der Schauspielerin Katja Riemann ging in jungen Jahren selbst ins Häfler „Studio B“, gründete dort sogar eine eigene Band und will dort laut einem Interview vor wenigen Jahren sogar echte Groupies um sich geschart haben. „Ja, dort herrschte immer Fasnet“, sagte er damals. Im „Studio B“habe man meist hemmungslos von der Tanzfläche bis ins Klo hinein getanzt.
„In den 60er- und 70er-Jahren war das die angesagteste Diskothek Oberschwabens.“