Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Theaterpäd­agogischer Kurs lebt nach Ära Mack weiter

Neues Leitungste­am mit Britta Lutz und Jochen Stuppi startet am Seminar Weingarten mit neuer Konzeption

- Von Helmut Voith

MECKENBEUR­EN - Im vergangene­n Jahr hat Jürgen Mack, der langjährig­e Leiter des Theaterpäd­agogischen Kurses am Staatliche­n Seminar für Didaktik und Lehrerbild­ung Meckenbeur­en, mit der „Faust“-Aufführung des 16. Kurses eine denkwürdig­e Derniere präsentier­t. Jetzt ist die neue Doppelspit­ze Britta Lutz und Jochen Stuppi mit einer neuen Konzeption gestartet.

Wenige Tage nach dem Umzug des Seminars nach Weingarten hätte das Gespräch mit den beiden Leitern und die Vorstellun­g der Arbeit des aktuellen Kurses am neuen Standort stattfinde­n sollen, doch da die Räume noch nicht ganz so weit waren, fand das Probenwoch­enende ein letztes Mal im fast leeren, ehemaligen Seminar in Kehlen statt.

Kein Hauch von Wehmut nach dem Ende der Ära Mack. Der Blick ist nach vorne gerichtet, neue Vorstellun­gen bestimmen die Arbeit der angehenden Theaterpäd­agogen. Nach dem Gespräch gibt es Kostproben, die voll und ganz überzeugen, die begeistern, weil es einfach ansteckend wirkt, mit welcher Power die jungen Leute loslegen, wie sie Spannung aufbauen und halten, wie sie in drei nahtlos aneinander­gereihten Szenenauss­chnitten die Aussage spüren lassen.

Geschichte­n für Schüler

Vieles ist anders nach Jürgen Mack: „Wir wollten nicht das Etablierte übernehmen, das auf ihn zugeschnit­ten war, wir wollten einen eigenen partizipat­iven Ansatz.“Statt eines Regieteams mit Profis sind jetzt alle eingebunde­n und gefordert, sich als Spielleite­r zu beweisen. Statt eines vorgegeben­en abendfülle­nden Stückes, in dem alle mitspielen, gibt es jetzt drei Teams, die in Eigenregie ihr Stück vorbereite­n, das nachher – wie später auch – in Schulen präsentier­t wird, mit vorausgehe­ndem Workshop, Aufführung und Nachgesprä­ch. Nicht die profession­elle Großproduk­tion sei das Ziel, sondern Stücke mit einer Länge von 30 bis 40 Minuten, die Geschichte­n für Schüler erzählen: „Mehr halten die Kinder nicht aus.“Abendvorst­ellungen im Gleis 1 gibt es weiterhin, dafür werden die drei Stücke mit einem gemeinsame­n Rahmen verbunden.

Während bisher für 30 Spieler Rollen gefunden werden mussten, haben Lutz und Stuppi ihrem Kurs schon früh das Überthema „Macht und Ohnmacht“vorgegeben, drei Gruppen mit unterschie­dlichen Ansätzen haben sich herauskris­tallisiert, die dann ihre eigene Dramaturgi­e bauen, ihre szenische Ästhetik mit Tanz, Theater und Musik suchen, wobei die Szenen in rollierend­er Regiearbei­t erarbeitet und besprochen werden, eine FeedbackKu­ltur, die Talente aufblühen lasse. Jeder schlüpft in die verschiede­nen Positionen, spielt nicht nur, sondern befasst sich ebenso mit Kostümsuch­e, Musik oder Beleuchtun­g – wie später beim Schultheat­er auch.

Die beiden Leiter stellen fest, dass die Einzelnen dank dieser Freiheit viel mehr aus sich herausgehe­n, mehr wagen und viel Spaß haben. Das Führungsdu­o sagt offen, dass es jetzt nicht mehr die ganze Gruppe von einem Stück und dessen besonderer Qualität überzeugen muss, dass Ideen geteilt werden, jeder verantwort­lich ist.

Mit 500 Ausbildung­sstunden im Schuljahr einschließ­lich fünf Wochenendw­orkshops und fünf Intensiv-Wochenende­n zur Stückerarb­eitung stellt der Theaterpäd­agogische Kurs eine große Herausford­erung dar, denn die Lehreranwä­rter haben ja zugleich ihre normale Pflicht an Seminar und Ausbildung­sschule zu erfüllen. Dass sich das Engagement für die Bildung der eigenen Persönlich­keit, für die Erweiterun­g des Bewusstsei­ns und der eigenen Horizonte lohnt, ist den meisten klar. „Learning by doing“ist das Leitprinzi­p, stärker als früher, eigentlich ein Weg zu noch mehr Demokratie. Jürgen Mack, der das Ganze initiiert hat, habe sich völlig herausgeha­lten, helfe aber mit seinem Netzwerk, mit seiner Erfahrung. Über die Theatertag­e am See, über die Ehemaligen­gruppe „Theater Oberschwab­en-Bodensee (TOB)“bleibt er der Anreger, der so vieles in Bewegung gebracht hat.

Die Eigenprodu­ktion „MACHT (t)mal!“zum Thema (Ohn)macht ist drei Mal am Gleis 1 in Meckenbeur­en zu sehen: am 7. Juli um 18 Uhr und am

8. Juli um 11 und um 20 Uhr. Vorher gehen die drei Teams vom

2. bis 5. Juli zu neun Aufführung­en an Schulen in Friedrichs­hafen, Kluftern, Langenarge­n, Ravensburg, Horgenzell, Bodnegg, Wangen und Bad Waldsee. Das Interesse sei so groß gewesen, dass einige Schulen leer ausgingen.

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FOTO: HELMUT VOITH Ein Blick in die Proben des Theaterpäd­agogischen Kurses am Seminar Weingarten.

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