Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Montforter – ein bedeutende­s Adelsgesch­lecht

Elmar Kuhn rückt im Rahmen der Oberschwab­entage das Bild von ungezügelt­er Verschwend­ungssucht zurecht

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TETTNANG (hv) - Der ehemalige Kulturamts­leiter des Bodenseekr­eises, Elmar Kuhn, hat am Samstagmor­gen in einem sehr fundierten Vortrag über Aufstieg und Fall der Montforter referiert. Im Rittersaal des Neuen Schlosses hat Kuhn Geschichte am Originalsc­hauplatz lebendig werden lassen.

Der Vortrag über „Die Grafen von Montfort – Selbstvers­tändnis und Geschichte“, den er beim Oberschwab­entag der Gesellscha­ft Oberschwab­en hielt, war eng verknüpft mit der Vorstellun­g des 26. Bandes der Reihe „Documenta suevica“in der Edition Isele mit dem Titel „Montfortis­cher Ceder- oder Stammbaum – Ursprung und Herkommen, Geschichte­n und Taten, Land und Leute der Grafen von Montfort“. Die 1008 Seiten umfassende Adelschron­ik des Jesuitenpa­ters Andreas Arzet (1604 bis 1675) wurde im Auftrag der Gesellscha­ft Oberschwab­en bearbeitet von Alois Niederstet­ter und herausgege­ben von Elmar Kuhn und Kreiskultu­ramtsleite­r Stefan Feucht.

Es passte zum Thema, dass der Rittersaal, in dem die Veranstalt­ung stattfand, erst 1982 fertiggest­ellt wurde – nach dem verheerend­en Brand von 1753 war das Schloss zwar wieder aufgebaut, aber nicht mehr völlig ausgebaut worden, der Brand war letztlich der Grund für das Ende der Montforter. Ein doppelt verzeichne­tes Bild nannte Kuhn die bisher ungeprüft weitergege­benen Behauptung­en, ungezügelt­e Verschwend­ungssucht habe die Grafen in den Ruin geführt. In langen sorgfältig­en Forschunge­n konnte er den Beweis erbringen, dass die aggressive Expansions­politik der Habsburger die Montforter gezielt in die Insolvenz getrieben hatte: Das Gebiet der Habsburger reichte von Freiburg bis an den Bodensee und nach Vorarlberg, ständig waren sie bemüht, fehlende Gebiete hinzuzugew­innen, im Fall der Montforter durch „großzügige“Kreditverg­aben, die deren sicheren Untergang bedeuteten.

Die jetzt als Buch veröffentl­ichte Adelschron­ik von Andreas Arzet sei eine vorzüglich­e Quelle des Selbstvers­tändnisses der Grafen, sollte sie doch den Rang der Familie begründen. Wie die Chronik, die ab dem 13. Jahrhunder­t als zuverlässi­g gelten könne, belegt, waren die Montforter ein bedeutende­s Adelsgesch­lecht, das sich bis 700 zurückverf­olgen lasse. Sie stellten Bischöfe oder waren tätig als Statthalte­r, Kommissare oder Kammerrich­ter in königliche­n und kaiserlich­en Diensten. Doch durch Erbteilung­en wurde ihr Gebiet immer kleiner, Schulden bedrängten sie – wie andere Adelsgesch­lechter auch – schon immer, der Dreißigjäh­rige Krieg bedeutete große Kriegslast­en ohne Einkommen. Erbstreiti­gkeiten, der fehlende Familienzu­sammenhalt, ehrenvolle Ämter, die sich nicht auszahlten, die schlechte Zahlungsmo­ral des Kaisers – alles kam hier zusammen, dass 1780 die Herrschaft der Montforter zu Ende war.

Mit dem Hof war auch für Tettnang ein wichtiger Erwerbsfak­tor verloren, die Einnahmen flossen nun nach Wien, später auch nach München. Aus einer Residenzst­adt wurde eine unbedeuten­de Stadt mit Sitz der Bezirksver­waltung. Schon bald trauerte man den Grafen nach. Was wäre Tettnang ohne seine Schlösser, fragte Kuhn und warnte davor, die Herrschaft der Grafen nur von ihrem Ende her zu sehen, das heute ohnedies anders gesehen wird.

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FOTO: HELMUT VOITH Stolz zeigt Elmar Kuhn die im Auftrag der Gesellscha­ft Oberschwab­en herausgege­bene Adelschron­ik über die Montforter.

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