Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wanderer befürchten Überalterung
Den Schwäbischen Albverein Tettnang plagen Nachwuchssorgen.
TETTNANG - Der●Schwäbische Albverein Tettnang feiert in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen, aber hat mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Jüngere Mitglieder gibt es keine.
Die Bierflaschen ploppen vor einigen Tagen, die Tüte mit den Butterbrezeln raschelt und für einen kurzen Moment wirkt im Schatten auf der Brünnensweiler Höhe in der Nähe von Tettnang alles ganz friedlich. In der Ferne glitzert der Bodensee und irgendwo, das ist zu hören, spritzt ein Landwirt seine Obstbäume. Das Vorstandsteam der Ortsgruppe Tettnang des Schwäbischen Albvereins war schon oft hier oben. Von hier aus kann man bis zu den Alpen sehen, wenn es das Wetter zulässt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Gründungsmitglieder der Tettnanger Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins ebenfalls schon hier oben waren und die Aussicht genossen haben.
Zunächst meist Akademiker dabei
„Wir sind nur fünf Jahre jünger als unser Hauptverein“, sagt Hans Piller stolz, er ist der Vorsitzende des Vereins. Der Albverein sei zu Beginn etwas ganz Besonderes gewesen, sagt Claudia Scherle aus dem Vorstandsteam. Kaufleute, Rechtsanwälte und Akademiker hätten sich bei einer Wanderung im Monat die Beine vertreten, auch nach der Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg sei das noch so gewesen. Scherle selbst ist mit 25 Jahren bereits Mitglied geworden und dabei geblieben.
Anfang der 70er Jahre hatte der Verein rund 80 Mitglieder, keines war jünger als 60 Jahre. Doch das änderte sich unter dem neuen Vorsitzenden Rolf Bürkle. Es wurden immer mehr Mitglieder und auch das Angebot wurde immer breiter. So gab es unter anderem eine Seniorenwandergruppe, eine Radwandergruppe und einen monatlichen Stammtisch. „Bis 2005 hat der Wanderverein geboomt“, sagt Vize-Vorsitzender Alois Röck.
300 Mitglieder zu Spitzenzeiten
24 Sonntagswanderungen und 46 Donnerstagswanderungen hatte es zur Hochzeit des Vereins gegeben. Auch mehrtägige Wandertouren waren da dabei. 1996 hatte der Ortsverein noch 300 Mitglieder. „Und dann wurden es altersbedingt immer weniger“, sagt Hans Piller. „Der Verein ist überaltert“, bringt es Alois Röck auf den Punkt. Unter 60 gebe es keine Mitglieder, der älteste Mitwanderer ist 82 Jahre alt. „Das macht uns große Sorgen, weil uns damit auch Mitarbeiter fehlen“, sagt Piller. Auch Veranwortung in der Vorstandschaft wolle und könne keiner übernehmen. Inzwischen hat der Verein noch 185 Mitglieder. „Die Sorge ist doch, wie es wohl nach uns weitergeht“, sagt Piller und ergänzt: „Wenn die Vorsitzenden alt sind, dann kommen auch keine jüngeren Leute.“
Dennoch: 46 mal gehen sie auch heute noch pro Jahr auf Tour, elf Wanderführer engagieren sich im Verein und auch eine Homepage betreibt die Tettnanger Ortsgruppe inzwischen. Hinzu kommt die intensive Pflege von 140 Kilometern Wanderwege, die vier Mitglieder ehrenamtlich übernehmen. Und auch auf die große Geburtstagsfeier im September freut sich der Schwäbische Albverein Tettnang. Trotz aller Zukunftsängste scheint es, als wollen sich die Vorsitzenden ihre Begeisterung für das Wandern und die Gemeinschaft im Verein nicht nehmen lassen.