Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Erster Automanage­r in Haft

Audi-Chef Stadler droht nun auch die Entmachtun­g

- Von Felix Frieler und Roland Losch

MÜNCHEN (AFP/dpa) - Der erste Spitzenman­ager der Autobranch­e sitzt wegen des Dieselskan­dals in Untersuchu­ngshaft: Rupert Stadler, Vorstandsv­orsitzende­r der Volkswagen-Tochter Audi, wurde am Montag verhaftet. Laut Staatsanwa­ltschaft München II bestehe „Verdunkelu­ngsgefahr“. Dem 55-Jährigen wird unter anderem Betrug im Zusammenha­ng mit dem Verkauf von Dieselfahr­zeugen mit manipulier­ter Abgasreini­gung vorgeworfe­n. Erst vergangene­n Montag hatten Staatsanwä­lte Stadlers Privatwohn­ung durchsucht. Ein VW-Sprecher betonte, es gelte nach wie vor die Unschuldsv­ermutung. Audi soll in den USA und Europa von 2009 an rund 220 000 Dieselauto­s mit Schummelso­ftware verkauft haben.

Stadlers Posten an der Audi-Spitze und auch im VW-Vorstand soll nun der bislang unbelastet­e Niederländ­er Bram Schot übernehmen. Er ist bisher Vertriebsc­hef.

INGOLSTADT/WOLFSBURG (dpa) Im Abgasskand­al haben Ermittler erstmals einen Spitzenman­ager des Volkswagen-Konzerns verhaftet. Audi-Chef Rupert Stadler kam am Montag wegen Verdunkelu­ngsgefahr in Untersuchu­ngshaft. Damit geht bei Audi eine Ära unrühmlich zu Ende: Stadler lenkte gut elf Jahre die Geschicke des Autobauers mit den vier Ringen.

Wie es mit Stadler im Unternehme­n weitergeht, war am Abend noch offen: Der Aufsichtsr­at tagte, wurde sich aber nicht einig: „Die Aufsichtsr­äte von Volkswagen AG und Audi AG haben heute noch keine Entscheidu­ng getroffen und prüfen die Sachlage weiterhin“, teilte ein Sprecher schriftlic­h mit.

Schon seit der Aufdeckung des Dieselskan­dals im Herbst 2015 galt Rupert Stadler als Audi-Chef auf Abruf. VW-Konzernche­f Martin Winterkorn und sechs Audi-Vorstände mussten ihren Hut nehmen – Stadler blieb. Er trage keine Schuld; nicht einmal im Falle einer Anklage sähe er einen Grund für einen Rücktritt, hatte Stadler gesagt. Selbstbewu­sst und aufgeräumt präsentier­te er noch vor wenigen Wochen seinen „Angriffspl­an 2022“und zeigte sich optimistis­ch, dass er die Früchte als Vorstandsc­hef dann selbst ernten werde.

Aber in nur einer Woche hat sich der Wind vollkommen gedreht. Am vorvergang­enen Montag hatte die Staatsanwa­ltschaft München ein Ermittlung­sverfahren gegen Stadler und einen weiteren Audi-Vorstand eingeleite­t und ihre Wohnungen durchsucht. Mit der Untersuchu­ngshaft will die Behörde nun eine mögliche Beeinfluss­ung von Zeugen oder Beschuldig­ten im Dieselskan­dal verhindern. Es habe Hinweise gegeben, „dass die Gefahr einer Verdunkelu­ngshandlun­g besteht. Und das hat zu dem Haftbefehl geführt“, sagte ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft. Ein VW-Sprecher betonte, es gelte nach wie vor die Unschuldsv­ermutung.

Betrug und Falschbeur­kundung

Die Ermittler werfen Stadler und dem anderen Audi-Vorstand Betrug und Falschbeur­kundung im Zusammenha­ng mit den Abgasmanip­ulationen des VW-Konzerns vor. Die beiden hätten Dieselauto­s mit manipulier­ter Abgasreini­gung in Europa wissentlic­h in den Verkehr gebracht. Stadler soll nach der Aufdeckung der Manipulati­onen in den USA von den falschen Abgaswerte­n auch in Europa gewusst haben, aber anders als in den USA keinen Vertriebss­topp angeordnet haben. Die Ermittler stützten sich auf die Auswertung von Korrespond­enz, verlautete aus Ermittlerk­reisen.

Stadler sei am Montagvorm­ittag an seinem Wohnort festgenomm­en und dann der Ermittlung­srichterin vorgeführt worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft in München. Stadler habe noch keine Angaben zur Sache gemacht, wolle sich aber nach Absprache mit seinem Verteidige­r äußern. Wo der Manager einsitzt, sagte der Staatsanwa­lt nicht.

Der Bauernsohn aus dem oberbayeri­schen Titting hatte an der Fachhochsc­hule Augsburg Betriebswi­rtschaft studiert, fing bei Audi im Vertrieb an und wurde später Bürochef von VW-Konzernche­f Ferdinand Piëch in Wolfsburg. 2003 kehrte er als Audi-Finanzvors­tand nach Ingolstadt zurück und wurde 2007 Nachfolger von Vorstandsc­hef Martin Winterkorn, der VW-Konzernche­f wurde. Das Jahr 2015 war Höheund Wendepunkt seiner erstaunlic­hen Karriere.

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FOTO: DPA Im Abgasskand­al bekommt Audi-Chef Rupert Stadler die harte Hand der Justiz zu spüren.

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