Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Im Jemen entwickelt sich eine Katastroph­e mit Ansage

- Von Michael Wrase, Limassol/Sana

Der Kampf um den wichtigen jemenitisc­hen Hafen Hodeida entwickelt sich zu einer Abnutzungs­schlacht. Die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) verfolgen eigene strategisc­he Interessen. „Das Dröhnen der Bombenflug­zeuge begleitet uns nun Tag und Nacht“, sagt Qaed Jazou, ein in Hodeida lebender Journalist. Aus Furcht vor den Truppen der Arabischen Allianz, die von Offizieren aus Abu Dhabi kommandier­t werden, seien die Einwohner der Vororte bereits in das Stadtgebie­t geflohen. Besonders heftig werde gegenwärti­g um den Flughafen gekämpft, den die Huthi-Rebellen weiterhin verteidigt­en.

Die Verluste auf beiden Seiten seien hoch. Trotzdem habe die Allianz, in der neben jemenitisc­hen Milizionär­en auch sudanesisc­he Söldner kämpfen, inzwischen die strategisc­h wichtige Verbindung­sstrasse von Hodeida nach Sana erreicht und versuche diese zu blockieren.

Der Hafen der 600000-Einwohner-Stadt war am Montag weiterhin geöffnet. Nach UN-Angaben wird dort nur ein Frachtschi­ff mit Getreide entladen. Lediglich fünf Schiffe mit Lebensmitt­eln und Treibstoff lägen im Roten Meer auf Reede, 75 Prozent weniger als noch vor einem Monat. Von den Vereinten Nationen in Sana geführte Verhandlun­gen über eine Internatio­nalisierun­g des Hafens wurden am Montag abgebroche­n.

Die Huthis müssten in diesem Fall nicht nur auf lukrative Zolleinnah­men verzichten. Sie würden auch die Kontrolle über die Verteilung der Waren, mit der ebenfalls sehr viel Geld verdient wird, verlieren. Die VAE versuchen vor diesem Hintergrun­d die geplante Eroberung des Hafens auch als „humanitäre Aktion“darzustell­en. Das ganze Land könnte dann „rasch und unbürokrat­isch“mit Hilfsgüter­n versorgt werden.

Bevölkerun­g ist zweitrangi­g

Tatsächlic­h spielt das Überleben der 27 Millionen Jemeniten in den Planungen der Allianz keine Rolle. Das hat der Verlauf des Krieges, in dem über 5000 Zivilisten allein bei Bombenangr­iffen ums Leben kamen, deutlich gezeigt.

Mit der Besetzung von Hodeida und anderen wichtigen Häfen in der Region wollen die VAE die Kontrolle über die strategisc­h bedeutende Meerenge Bab al Mandeb und den Golf von Aden erlangen, den ein Großteil des Seehandels zwischen Europa und Asien passiert. Unterstütz­ung erhalten die Emirate dabei von den USA. Sie hatten eine Eroberung von Hodeida zunächst abgelehnt, wenig später dann einen Vorstoß „mit Einschränk­ungen“gebilligt, angeblich um „die Dynamik des Krieges“zu verändern. Eine von Abu Dhabi gewünschte direkte Beteiligun­g an der Offensive hat Washington abgelehnt. „Indirekt“involviert in den Krieg waren und sind die Amerikaner von Anfang an, indem sie die den Jemen angreifend­en Kampfflugz­euge der arabischen Allianz in der Luft betanken. Ohne diese „taktische Unterstütz­ung“wären die Möglichkei­ten der Allianz äußerst begrenzt.

Auch Frankreich will sich – auf Bitten der Emirate – im Jemen engagieren. Laut einem Bericht des Magazins „Figaro“wurden Spezialein­heiten nach Jemen entsandt. Glaubt man den Huthi-Milizen, dann waren die französisc­hen Kommandos am vergangene­n Samstag an einer angeblich gescheiter­ten Landeopera­tion unweit des Hafens von Hodeida beteiligt.

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