Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Berührende Klage und freudiges Marienkonz­ert

Glänzend eröffnet der Philharmon­ische Chor Friedrichs­hafen in Ailingen sein Jubiläumsj­ahr

- Von Christel Voith

FRIEDRICHS­HAFEN - Mit einem wunderbare­n ersten Jubiläumsk­onzert hat der Philharmon­ische Chor Friedrichs­hafen unter seinem Dirigenten Joachim Trost am Samstagabe­nd in St. Johannes Baptist in Ailingen sein 150-jähriges Bestehen gefeiert.

Herausrage­nde Jubiläen verleiten häufig dazu, eine Höchstleis­tung herauszuho­len und damit Chor und Orchester zu überforder­n. Genau das Gegenteil ist Joachim Trost gelungen, der den Philharmon­ischen Chor seit 1989 leitet und in all den Jahren zu einem anspruchsv­ollen Oratorienc­hor herangebil­det hat. Er weiß genau, wie er die Qualitäten seines Chores hervorhebe­n kann.

Das Ergebnis war ein wunderbare­s, die zahlreiche­n Besucher innerlich berührende­s Konzert von einer Geschlosse­nheit, wie sie bei Laienchöre­n nur selten zu erleben ist. Dazu haben die Musiker der Kammerphil­harmonie Bodensee-Oberschwab­en (KBO) ebenso beigetrage­n wie die bestens harmoniere­nden namhaften Solisten, die hier in ausgewogen­er Balance mit dem Chor glänzten. Selten gehörte Werke von Mozart und Haydn standen auf dem Programm und hinterließ­en einen sehr starken, nachhaltig­en Eindruck.

Melodisch leitete das Orchester Mozarts Motette „Regina coeli“KV 127 ein, ein strahlende­s Lob auf die Himmelskön­igin, im Wechsel von Chor und virtuosen Solopartie­n für Sopran, die jeweils in ein freudiges Alleluja münden. Rhythmisch bewegt sang der Chor, in glockenkla­ren Kolorature­n besang Judith Spiesser die Gottesmutt­er, ein vielstimmi­ges Alleluja beendete den Ruf um ihre Fürbitte.

Trostreich­e Musik

Dramatisch setzte das KBO ein zu Haydns Motette „Insanae et vanae curae“für Chor und Orchester. Dramatisch trieb auch der Chor die Klage um begangene Verfehlung­en voran, nahm sie demütig zurück, um schließlic­h, von lyrischem Umschwung im Orchester eingeleite­t, ganz sanft Gottes Gnade und Hilfe zu gedenken – trostreich­e Musik, die harmonisch Männer- und Frauenstim­men erfasste und beide in schöner Glaubensge­wissheit verband. Das Hauptwerk, Mozarts „Davide penitente“KV 427, hat Trost ans Ende gesetzt. Zu Judith Spiesser kamen als zweite, etwas dunkler gefärbte Sopranisti­n die aus dem Kleinwalse­rtal stammende Sabine Winter sowie der Tenor Christian Zenker hinzu. Das Werk, das Mozart aus dem bereits vorhandene­n „Kyrie“und „Gloria“einer unvollende­ten Messe c-Moll geformt hat – eine gängige Praxis der sogenannte­n Parodie – besticht durch den Wechsel von Chören, Solo-Arien, Duetten und Terzetten. Auch hier kämpfen Schuldbewu­sstsein, Reue und das befreiende Wissen um einen gnädigen, verzeihend­en Gott.

So pendelten Musik und Gesänge in teils frappieren­dem Kontrast zwischen berührende­r Klage und inständige­m, angstvolle­m Gebet und freudig gesteigert­em, strahlende­m Lob der Güte Gottes, wobei Trost eine sehr gute Balance zwischen Gesang und Orchester gelang. Ein Schwelgen in Mozartsche­m Wohlklang, in kontrastre­ichen Chören und opernhaft aufblühend­en Koloratur-Arien war dieses Werk, zumal der bestens disponiert­e Chor, die vorzüglich­en Solisten und die die Stimmungen unterstrei­chenden Musiker ein Konzert aus einem Guss boten.

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FOTO: KIRSTEN LICHTINGER Genug Lesestoff für die Ferien: Familie Vogel sichtet die Bücher vor dem Kauf.
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FOTO: HELMUT VOITH Mit einem wunderbare­n Kirchenkon­zert leitete der Philharmon­ische Chor Friedrichs­hafen unter Joachim Trost in Ailingen sein Jubiläumsj­ahr zum 150-jährigen Bestehen ein. Vorne die Solistin Judith Spiesser, es spielt die Kammerphil­harmonie...

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