Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wenn das Erbstück lieb, aber plötzlich nicht teuer ist
Wer Edelmetall oder Schmuck verkaufen will, sollte vorsichtig sein – auch bei seriös wirkenden Anzeigen
WANGEN - Ob Vaters Goldmünzen, Omas Brillantcollier oder Onkels kostbare Taschenuhr: Wer wertvolle Familien-Erbstücke zu Geld machen will, sollte vorsichtig sein. Denn unter den Ankäufern solcher Wertgegenstände gibt es manchen Betrüger und Schwindler. Selbst bei seriös wirkenden Anzeigen in Zeitungen sollte man lieber auf Nummer sicher gehen, wie jetzt eine Frau aus der Region Wangen erfahren hat.
Das kostbare Familiencollier liegt schon seit längerem im heimischen Tresor. Als aber eines Tages diese großflächige, „superseriös“erscheinende Anzeige in der Zeitung steht, entschließt sich Frau B. doch, den Versuch zu wagen, das wertvolle Schmuckstück für einen guten Preis zu verkaufen. Die ältere, alleinstehende Dame, die anonym bleiben will, ruft unter der angegebenen Mobilnummer an. Es meldet sich ein Mann, und am Ende des Gesprächs steht ein Termin nur Stunden später bei ihr zuhause.
Der Besucher ist anfangs „ausgesucht höflich“, erinnert sich die Seniorin. Er schaut sich das goldene und mit prächtigen Brillanten besetzte Collier an, wiegt das Schmuckstück und fragt bei der Gelegenheit gleich nach, ob die Hausherrin noch anderes Edelmetall oder Münzen im Haus hätte, die sie verkaufen wolle. „Da fühlte ich mich schon etwas eingeengt“, berichtet die Frau der SZ. Das erste Angebot des Ankäufers für das Familiencollier liegt dann bei knapp einem Drittel des Kaufpreises, den ihr der verstorbene Onkel einst nannte. „Das ist doch viel mehr wert“, sagt dieSeniorin daraufhin zu dem Mann und teilt ihm mit, dass sie für einen Verkauf telefonisch erst die Zustimmung ihres Sohnes einholen müsse. Der sollte ihr Vermögen schließlich einmal erben.
Der Sohn ist jedoch gerade nicht erreichbar, und so kommt der Mann unmissverständlich zur Sache.
„Er hat ein dickes Bündel von Geldscheinen aus seiner Tasche geholt und sein Angebot noch einmal etwas aufgebessert“, erinnert sich die Frau aus der Region. „Als ich aber gesagt habe, dass ich ohne meinen Sohn nicht verkaufe, war der Herr leicht angefressen.“Sie verabschiedet den Besucher schließlich, vereinbart mit ihm aber, dass man später noch mal miteinander telefoniert.
Kurze Zeit später ruft der Sohn zurück, und als er die Geschichte seiner Mutter hört, fällt er fast aus allen Wolken. „Es sagte, dass ich auf jeden Fall zu einem Fachgeschäft gehen, den Schmuck wiegen und bewerten lassen soll“, so die Seniorin. Gesagt, getan. Ein ihr bekannter Juwelier am Ort bestätigt noch am selben Tag, dass das Familiencollier wirklich so viel wert ist, wie der Onkel damals gesagt hatte. „Wahrscheinlich hat der Mann nur das Gold bewertet und die kostbaren Brillanten nicht“, vermutet die Frau.
Der besagte Schmuckankäufer ruft dann am Abend wieder an, und als die Frau ihm vom Juwelier erzählt, reagiert er ziemlich sauer. „Er wollte gleich den Namen des Juweliers wissen, hat gesagt, dass ich zum Narren gehalten werde, und hat das Gespräch abrupt beendet“, sagt die Seniorin. Und fragt: „Ist das seriös?“Nein, das sei es ziemlich sicher nicht, so ein Polizeisprecher zur SZ. Und: „Bei Haustürgeschäften sollte man generell vorsichtig sein.“Betrügern, die Schmuck, Pelze, Edelmetall oder Uhren aufkaufen und deshalb Anzeigen aufgeben, gehe es oft auch darum, in die Wohnung zu gelangen, um so an Wertgegenstände zu kommen, die sie dann gewinnbringend verkaufen würden. Manchmal ergebe sich auch die Gelegenheit zu einem Diebstahl, oder die Ankäufer bekämen zumindest mit, wo der Schmuck aufbewahrt wird. Der polizeiliche Tipp zum Verkauf von wertvollem Schmuck: „Immer mehrere Angebote einholen. Auch zum Juwelier des Vertrauens gehen, um einen einigermaßen zuverlässigen Richtpreis zu bekommen.“
Derweil hat Frau B. ihre Lehre aus der Sache mit dem Schmuckankäufer gezogen. „Ich war ja eigentlich nur neugierig. Und weil die Anzeige wirklich seriös aussah, wollte ich das mal ausprobieren. Beim nächsten Mal gehe ich aber gleich zu einem Fachmann“, sagt die Seniorin aus der Region. „Ich kann mir aber schon vorstellen, dass viele, vor allem ältere Menschen darauf reinfallen und ihren teuren Schmuck für wenig Geld hergeben.“Ihr wertvolles Familiencollier hat sie wieder in den Tresor gegeben. Dort soll es liegen bleiben, bis es vererbt wird.