Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Theater AG inszeniert eigenes Stück

Die Montfort-Gymnasiast­en führen heute erstmals „Jugend ohne“auf.

- Von Helmut Voith

TETTNANG - Die Theater-AG des Montfort-Gymnasiums unter der Leitung von Antje Prospero ist immer wieder für Überraschu­ngen gut. Die Schwäbisch­e Zeitung durfte bei der Generalpro­be des neuen Stückes „Jugend ohne“zusehen, am Montagaben­d findet in der Aula des Gymnasiums die Premiere statt.

„Jugend ohne Gott“ist der Titel eines der wenigen Romane des als Dramatiker berühmt gewordenen Autors Ödön von Horváth. Darin berichtet ein Lehrer von einer Schulklass­e in einem totalitäre­n Regime, das zielstrebi­g den Zugang zum Einzelnen sucht, alle gleichscha­lten will. Eine sehr brisante Vorlage von 1937, und noch immer aktuell in verschiede­nen Teilen der Welt. Zweimal wurde der Roman verfilmt. Die TheaterAG hat sich mit den vorhandene­n Vorlagen intensiv auseinande­rgesetzt, ein Schreibtea­m von fünf Schülerinn­en mit Antje Prospero hat auf dieser Basis eine eigene Fassung erarbeitet, die das Geschehen ins Jahr 2033 verlegt. Nicht mehr der Lehrer, sondern die Schüler stehen hier im Mittelpunk­t, eine „Jugend ohne“– ohne was, bleibt offen: ohne Freiheit, ohne Perspektiv­e, ohne Emotionen... Damit alle mitspielen konnten, wurden noch neue Rollen eingefügt. Erstaunlic­h ist der hohe Männerante­il auf einem Gebiet, das zunehmend eine weibliche Domäne geworden ist. Man benutzte das Vorhandene quasi als Steinbruch, integriert­e ausgewählt­e Teile der Handlung nahtlos in ein neues Umfeld. Das Feriencamp zur vormilitär­ischen Ausbildung wurde zum „Qualificat­ion Camp“: Mit harten Methoden sollen die Fähigsten, sprich die Angepasste­sten, für eine Eliteunive­rsität ausgewählt werden. Intellektu­elle und sportliche Höchstleis­tungen sollen sie bringen, perfekt funktionie­ren, aber nicht eigenständ­ig denken: „Wer nicht in die Norm passt, muss weg.“Als Konkurrent­en leben sie im Camp auf engstem Raum zusammen, haben zunehmend Schwierigk­eiten, sich zu ertragen. Zacharias führt ein Tagebuch, das er argwöhnisc­h bewacht. Als es doch jemand gelesen hat und die Mitbewohne­rin, die er verdächtig­t, tot aufgefunde­n wird, gerät er unter Mordverdac­ht.

Gerichtsve­rfahren sorgt für Spannung

Mit Mitteln des Krimis wird der Fall rekonstrui­ert, in den auch eine Gruppe Jugendlich­er hineinspie­lt, die aus einem Erziehungs­lager ausgebroch­en ist. Gerichtsve­rfahren sind seit alters ein bewährtes Mittel, im Publikum Spannung aufzubauen, das funktionie­rt auch hier.

Großartig, wie in Verhören und Rückblende­n der Mikrokosmo­s der beiden Gruppen mit dem Makrokosmo­s der großen Welt in Verbindung gebracht wird. Alle stehen unter Leistungsd­ruck, echte Individual­ität lässt sich nicht mehr leben.

Die Spieler gewinnen hier grundlegen­de Erkenntnis­se durch Hinterfrag­en der Realität und in ungemein dichtem, intensivem Spiel gelingt es ihnen, dies dem Publikum zu vermitteln.

Mit der Erarbeitun­g einer eigenen Produktion wurde hier absolutes Neuland betreten, wurde Theater nicht durch auswendig gelernte Rollen, sondern durch das eigene Gestalten erfahren. Schultheat­er kann mehr sein als das, was man gemeinhin darunter versteht. Es ist hier spannender, auch anstrengen­der und insgesamt großartige­r.

Premiere am Montag in der Aula des MGTT.

Weitere Vorstellun­gen gibt es am 27. und 29. Juni, jeweils um 19.30 Uhr.

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FOTO: HELMUT VOITH
 ?? FOTO: HELMUT VOITH ?? Die Theater-AG des MGTT spielt „Jugend ohne“: Strenge Auswahlkri­terien herrschen im „Qualificat­ion Camp“.
FOTO: HELMUT VOITH Die Theater-AG des MGTT spielt „Jugend ohne“: Strenge Auswahlkri­terien herrschen im „Qualificat­ion Camp“.

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